Interviews

Im Gespräch mit: Klaus-Dieter Sedlacek

Der Naturwissenschaftler Dipl.-Math. Klaus-Dieter Sedlacek lebt seit seiner Kindheit in Süddeutschland. Er studierte neben Mathematik und Informatik auch Physik. Nach dem Studienabschluss 1975 und einigen Jahren Berufspraxis gründete er eine eigene Firma, die sich mit der Entwicklung von Anwendungssoftware beschäftigte. Diese führte er mehr als fünfundzwanzig Jahre lang. In seiner zweiten Lebenshälfte widmet er sich nun seinem privaten Forschungsvorhaben. Er hat sich die Aufgabe gestellt, die Physik von Information, Bedeutung und Bewusstsein näher zu erforschen und einem breiteren Publikum zugänglich zu machen. Bereits im Jahr 2008 veröffentlichte er ein aufsehenerregendes und allgemein verständliches Sachbuch mit dem Titel „Unsterbliches Bewusstsein - Raumzeit-Phänomene, Beweise und Visionen“. Daneben publiziert er als sogenannter Selfpublisher mit ToppBook auch diverse utopisch-phantastische Reihen. Grund genug für unseren Mitarbeiter Carsten Kuhr, das Gespräch mit dem Herausgeber zu suchen.


Hallo, Herr Sedlacek. Wie kommt man als Mann der Wissenschaft darauf, Selfpublisher zu werden und phantastische „Schundromane“ und Geschichten zu veröffentlichen?

Nun, Selfpublishing ist der Trend unserer Zeit nachdem die klassischen Verlage höchstens eines von hundert eingereichten Manuskripten veröffentlichen. Nachdem ich vor Jahren vergeblich nach einem Verlag für mein Manuskript „Unsterbliches Bewusstsein“ suchte, kam mir die Idee es als Selfpublisher zu veröffentlichen. Als Selfpublisher hat man den Vorteil selbst entscheiden zu können, was man herausgibt, hat aber so wie ein normaler Autor überhaupt nichts mit gewerblicher unternehmerischer Tätigkeit zu tun. Die gewerbliche Seite nimmt ein Verlag dem Selfpublisher ab.

Und was das Thema „Schundromane“ betrifft, so sagt Brigitte Frizzoni, Dozentin für populäre Literatur und Medien am Institut für populäre Kulturen der Universität Zürich, dass es für Studierende gar nicht einfach ist Textstellen einzelnen Autoren zuzuordnen wenn man ihnen Passagen aus Romanen von so genannter höherer Literatur neben solche vorlegt, die aus Groschenromanen stammen. Ich halte nichts davon, bestimmte Unterhaltungsliteratur abzuwerten, indem man ihnen das Etikett „Schundliteratur“ anhängt. In Amerika gehören viele bekannte Autoren von Pulps, wie diese Art Literatur dort heißt, dem Bereich der „echten“ Literatur an, beispielsweise der bekannte Biochemiker Isaac Asimov oder der Physiker Arthur C. Clarke. Wenn also diese Wissenschaftler Pulps schreiben, warum sollte ich nicht solche Geschichten veröffentlichen?

Sie fungieren ja neben der rein herausgeberischen Tätigkeit auch als Übersetzer der im Rahmen des Selfpublishing erscheinenden Werke - was hat Sie hier bewogen, bildlich gesprochen, selbst zur Feder zu greifen, statt die Übersetzerleistung fremd einzukaufen?

Ein Selfpublisher ist kein Gewerbetreibender. Und man sollte auch nicht vergessen, dass es Spaß macht, um Formulierungen zu ringen. Ich habe auf jeden Fall viel Freude an meiner Übersetzungsarbeit.

Im phantastischen Bereich kann ich zwei große Steckenpferde ausmachen. Da sind zunächst die Kurzgeschichten aus der Pulp-Ära und dann das Oeuvre von Edgar Rice Burroughs. Lassen Sie uns zunächst den Blick auf die Erzählungen aus den US-amerikanischen Magazinen der 20er und 30er Jahre werfen. In Ihrer Reihe „Erstaunliche Geschichten“ mit bislang fünf Ausgaben präsentieren Sie Preziosen aus den alten Magazinen. Nach welchen Kriterien wählen Sie die Erzählungen aus? Was braucht es, um in Ihre Auswahlbände aufgenommen zu werden?

Wenn ich zu meiner eigenen Unterhaltung etwas aus dem phantastischen Bereich lese und es gefällt mir und ich kann zunächst keine deutsche Übersetzung finden, dann handelt es sich um einen Kandidaten für meine eigene Übersetzung. Ich gehe davon aus, dass meine Übersetzungen ein wenig moderner klingen, als eventuell vorhandene andere uralte. Und wenn sich auf diese Weise genügend Übersetzungen für eine Veröffentlichung angesammelt haben, dann gebe ich damit ein neues Buch heraus.

Sie bemühen sich ja auch immer die oftmals kongenialen Innenillustrationen der US-Ausgabe mit abzubilden - warum dies, klappt die Übernahme aus den alten Exemplaren immer reibungslos?

Für gute Illustrationen braucht man gute Vorlagen. Ich habe mir bisher, wenn irgendmöglich, Printausgaben weltweit beim Antiquariat besorgt. Und mit guten Printvorlagen klappt die Übernahme auch.

Nutzen Sie für die Übersetzung Printausgaben der Magazine – sprich, lagern in ihren Regalen die altersmäßig sicherlich oftmals schon brüchigen Schätze, oder nutzen Sie die gescannten im Netz zugänglichen Vorlagen?

Wenn man wegen der Innenillustrationen schon die Printausgabe vorliegen hat, dann kann man auch gleich den ganzen Text als Vorlage für die Übersetzung nehmen. Im Laufe der Zeit beziehungsweise der Jahre hatte sich bei mir allerdings soviel Material angesammelt, dass ich mich gezwungen sah, das Allermeiste wieder wegzugeben. Mir blutet dabei das Herz, aber der Platzmangel zwingt mich dazu. Und nachdem ich alles eingescannt habe, brauche ich auch das Original nicht mehr.

Was weiter auffällt ist, dass in jedem Band der Reihe eine der vier enthaltenen Geschichten von H. G. Wells ist. Was schätzen Sie am Schöpfer der Zeitmaschine besonders?

Ich glaube, man kann H.G. Wells nicht vorwerfen, er hätte „Schundliteratur“ geschrieben. Mir gefällt seine gute Ausdrucksweise und man kann sich eigene Gedanken über die jeweilige Geschichte machen. Wenn ich eine seiner Geschichten lese, kommt mir das nicht wie Magerkost vor, sondern wie ein wohlschmeckendes Gericht.

Warum beschränken Sie sich immer bewusst auf nur vier Beiträge je Ausgabe - warum keine umfangreicheren Bände?

Ich glaube, das kommt daher, weil ich Angst vor zu dicken Büchern habe. Das ist wie beim Essen, wenn ich einen hoch angehäuften Teller mit fetten Sattmachern vor mir stehen sehe, dann vergeht mir der Appetit. Außerdem weiß ich am Ende eines zu dicken Buches häufig nicht mehr, was ich am Anfang gelesen habe. Deshalb habe ich mir abgewöhnt, sehr dicke Bücher zu lesen. Ich glaube, viele Leser denken ähnlich und ein Menü mit vier Beiträgen ist etwas, was einem sehr gut schmecken kann.

Wird es einmal Sammelbände der bisherigen Periodika geben?

Ich hab mir darüber noch keine Gedanken gemacht.

Wo nehmen Sie die stimmungsvollen Farbillustrationen der Cover her, gestalten Sie diese selbst?

Die Pulp-Magazine aus den 20er bis 40er Jahren haben die schönsten Cover-Illustrationen. Diese dienen mir häufig als Vorlage. Dabei kommt eine ganze Palette von Software-Werkzeugen zum Einsatz, weil keine der alten Vorlagen für eine unveränderte Übernahme geeignet ist. Es muss sehr viel verändert, gelöscht, modifiziert, ergänzt, farblich geändert werden bis aus einer alten Vorlage ein neues Coverbild entsteht.

Darüberhinaus besitze ich auf einem meiner Computer - mit hoher Grafikleistung - Werkzeuge, mit denen ich komplette computergenerierte Szenen erzeugen kann. Ich kann so, wenn ich keine passende Vorlage für das Cover gefunden habe, selbst kreativ werden und ein hochauflösendes Bild neu computergenerieren. Zum Glück kommt mir bei dieser Arbeit meine frühere berufliche Erfahrung und Kreativität zugute. Die Arbeit, geeignete Bilder zu generieren, macht mir viel Freude.

Kommen wir zum Tarzan-Schöpfer - Edgar Rice Burroughs. Wenden wir uns hier zunächst dem „Barsoom“- oder „Mars“-Zyklus zu. Anders als die bisherigen deutschsprachigen Ausgaben (Dieck / Williams / Kranichborn und Apex) nutzen Sie für Ihre Ausgaben und Übersetzungen nicht die chronologisch geordnete spätere US-Buchausgabe, sondern greifen auf die Erstveröffentlichung der Geschichten in den Magazinen zurück. Warum?

Das hängt mit der Reihenfolge zusammen, wie mir die englischen Ausgaben unter die Finger geraten. Ich wollte keinesfalls warten, bis ich alles komplett vorliegen habe.

Nun sind Serien-Fetischisten immer bemüht, Zyklen vollständig im Regal zu haben. Die Apex-Ausgabe, die mittlerweile bei Band 7 von insgesamt 11 Büchern angekommen ist, stockt - eine Chance für Sie, die fehlenden Geschichten vorzulegen?

Fest geplant habe ich nichts. Aber ich möchte die Serien-Fetischisten natürlich auch nicht enttäuschen. Dabei muss man allerdings bedenken, dass ich keine mächtige Firma im Hintergrund habe, sondern nur meine eigene Arbeitskraft. Schauen wir mal, was in Zukunft so möglich ist.

Planen Sie auch, „Pellucidar“-Geschichten zu publizieren?

Die Herausgabe der „Pellucidar“-Geschichten kann ich mir gut vorstellen. Schließlich finde ich immer mehr Vergnügen am Lesen der Burroughs-Werke. Im Augenblick ist nichts fest geplant. Aber das Jahr ist ja noch lang. Und wer weiß, wie lange wir wegen Corona noch zuhause festsitzen und lesen, lesen, lesen.

Neben den berühmten Schöpfungen (zu den „Barsoom“-Bänden gesellt sich ja auch erste Tarzan-Ausgabe) legen Sie ganz Unbekanntes vor; Novellen und Kurzromane wie „Die junge Mondfrau“ oder „Die Dreißig Grenze“ - wie sind Sie hier auf die Werke gestoßen, was reizt Sie an diesen?

Wenn man sich mit einem Autor beschäftigt, dann stößt man ganz automatisch auf das eine oder andere nicht ganz so allgemein Bekannte. Und die Erforschung des Unbekannten ist, glaube ich, ein Grundtrieb der späteren Naturwissenschaftlern irgendwie in die Wiege gelegt wurde. Das muss es wohl sein, was mich gereizt hat.

Wie wird es im phantastischen Bereich bei ToppBook weitergehen? An was arbeiten Sie derzeit, auf welche Projekte kann der Fan sich freuen?

Dieses Corona-Jahr lässt mir mehr Zeit als sonst. Und so wird es bestimmt die eine oder andere Überraschung geben. Der Fan kann sich also freuen. Mehr möchte ich im Augenblick nicht verraten.

Haben Sie für Ihre Antworten recht herzlichen Dank! Wir wünschen Ihren und ToppBook für die Zukunft alles Gute - bleiben Sie gesund!

Danke, und bleiben Sie auch gesund.