Interviews

Im Gespräch mit: James Corey

Seit einigen Jahren erscheint bei Heyne unter dem Pseudonym James Corey die Reihe „The Expanse“, von denen Verlag wie werbewirksame Stimmen vermelden, dass diese die etwas brach liegende Space Opera zu neuen Ufern führen würde - und auch die Verfilmung findet werbewirksame Erwähnung.

In den Romanen geht es zunächst um die Erlebnisse des Erdlers Holden, der zusammen mit dem im Asteroiden-Gürtel lebenden Privatdetektiv Miller einer Verschwörung auf die Spur kommt. Im Verlauf von dramatischen Ereignissen, die die Erde, den Mars und die Rebellen des Asteroidengürtels an den Rand eines verheerenden Krieges bringt, wird deutlich, dass die Menschheit von einer außerirdischen Intelligenz gefunden wurde. In den folgenden Bänden finden die Protagonisten Zugang zu der Alien-Technologie, die der Menschheit erste interstellare Reisen zu den Überbleibseln der einstigen Hochkultur ermöglicht

Unser Mitarbeiter Carsten Kuhr konnte kürzlich ein Gespräch mit Daniel Abraham und Ty Franck führen.


Hallo zusammen. Nun ist uns Daniel Abraham aus seinen bei uns bei Blanvalet publizierten Fantasy-Reihen „Die magischen Städte“ und „Dolch und Münze“ bekannt, letztere erschien unter dem Pseudonym Daniel Hanover. Sie Ty, kennen wir bislang leider „nur“ aus Ihrer Mitarbeit bei der „Expanse“Reihe. Auch diese wird unter Pseudonym veröffentlicht - bevor wir uns aber der Frage, warum Sie nicht ihre wirklichen Namen verwenden möchte ich Sie bitten, sich unseren Lesern kurz selbst vorzustellen.

Daniel: Hallo nach Deutschland. Nun, wie soll ich das ausdrücken: Ich verdiene seit gut einem Jahrzehnt meine Brötchen damit, dass ich mir in Vollzeit Geschichten einfallen lasse - eine wirklich coole Art, Geld zu verdienen - und für das Fernsehen arbeite. Vorher musste ich mein Geld als In-System-Programmierer verdienen, da habe ich es jetzt doch viel angenehmer, zumal ich mich als Heimarbeiter intensiv um mein Kind kümmern kann.

Ty: Auch von mir ein herzliches Hallo. Ähnlich wie David verdiene ich mein Geld mittlerweile mit dem Schreiben von Drehbüchern und Romanen. Daneben versuche ich mich manchmal auch noch ein wenig damit, mir für die Gamer unter Ihnen etwas einfallen zu lassen. Davor war ich als Berater im IT-Bereich tätig - ein doch etwas arg trockener Stoff, verglichen mit den Weiten des Alls…

Nun ist noch kein Meister vom Himmel gefallen - wie haben Sie Ihr jeweiliges Talent zum Geschichtenerzählen entdeckt?

Daniel: Talent? Danke für die Blumen. Nein, ernsthaft. Ich habe mir schon als Kind gerne Geschichten einfallen lassen. In den 90er Jahren habe ich dann erste Storys an Magazine verkauft und mir so langsam einen Namen gemacht. Über Anthologien ging es dann zu meiner ersten Roman-Veröffentlichung - 2006, lange ist das jetzt her. Ungefähr um diese Zeit herum habe ich dann meinen seriösen Beruf an den sprichwörtlichen Nagel gehängt und mich ganz der Muse geöffnet. Seit der Zeit darf ich dann auf meiner Steuererklärung als Beruf Schriftsteller angeben.

Ty: Ich fing mit einer einzelnen Geschichte an, die ich dann gleich dreimal hintereinander verkaufen konnte. Sie können sich bestimmt vorstellen, was das für eine Motivation für einen jungen Mann sein kann, gleich dreimal für dieselbe Arbeit bezahlt zu werden? Dann kam David, den ich von gemeinsamen Spiele-Abenden kannte, eines nachts mit der Idee an, gemeinsam ein Buch zu schreiben - der Rest ist, wie sagt man so schön, Geschichte; na ja, vielleicht eher doch Glück.

Bleibt bei der Arbeit an der Tastatur überhaupt Zeit für Hobbies, und wenn ja mit was vertreiben Sie sich die karge Freizeit?

Daniel: Leider viel zu wenig! Ich spiele unglaublich gerne an der Konsole, und gerade widme ich meine Freizeit fast ganz unserer TV-Serie.

Ty: Geht mir gerade genauso. Die Verfilmung unserer Bücher hält uns fast Tag und Nacht auf Trab, und das ist zur Abwechslung einmal nicht übertrieben! Nachdem David sich als Familienmensch entpuppt hat, kümmere ich mich vor Ort in Toronto darum, dass die Verfilmung auch etwas mit den Buchinhalten zu tun hat.

Wo sehen Sie, bei dem was Sie zu Papier bringen, Ihre Vorbilder?

Daniel: Uh-hu - wieviel Zeit und Platz haben wir? Ich habe Zeit meines Lebens unheimlich gerne und viel gelesen. Nimmt man die „Expanse“-Serie, so waren wohl die Giganten der SF der 70er Jahre meine Vorbilder. Arthur C. Clarke, Larry Niven, Alfred Bester, Robert Heinlein. Oder in den 80ern, dann ist C. J. Cherryh hier zu nennen. Ich war damals jung und auf mich haben Ihre Werke einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Das waren unsere Helden, bevor William Gibson dann der SF eine ganz neue Wendung gab.

Ty: Alfred Bester hat meine Art, wie und was ich las massiv verändert. „The Stars My Destinantion“ (dt. „Der brennende Mann“, Heyne) hat mich schlicht umgehauen. Später haben mich dann Ridley Scotts „Alien - Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt“ und „Blade Runner“ stark beeinflusst.

Jetzt möchte ich auf Ihr Pseudonym zurückkommen. Warum veröffentlichen Sie die „Expanse“-Romane unter James Corey?

Daniel: Ich bin aus meiner eigener Erfahrung der Meinung, dass der Name eines Autors immer mit der Art der Geschichte, die er erzählt verbunden wird. Daniel Abraham und Daniel Hanover schreiben Fantasy. Hätte ich die „Expanse“-Bücher unter diesem Namen veröffentlicht und meine Fantasy-Fans hätten die Titel gekauft, dann wären sie unweigerlich enttäuscht gewesen, eben keine Fantasy in Händen zu halten. So haben wir uns dafür entschieden, die „Expanse“-Titel unter einem Pseudonym zu veröffentlichen, quasi bei Null anzufangen und zu schauen, ob wir Leser mit unserer Geschichte ansprechen würden können.

Ty: Ich schloss mich der Erfahrung von Daniel an - immerhin hatte er zu der Zeit schon diverse Romane veröffentlicht, während ich gerade mal eine Story vorweisen konnte. Und unsere zweiten Vornamen ergaben in Kombination einen ganz griffigen Namen.

Wie sieht Ihre Zusammenarbeit in der Praxis aus? Hat der wirtschaftliche Erfolg und die Zeit an der Art, wie Sie sich die Arbeit aufteilen, etwas geändert?

Daniel: Oh, wir harmonieren wunderbar zusammen. Ty entwirft tolle, überzeugende Welten, in denen ich dann meine Gestalten auf Abenteuer-Urlaub schicke. Jeder schreibt zunächst seinen Handlungsstrang, dann beginnt das Brainstorming, wie man es noch besser machen kann, wo es Ungereimtheiten gibt, wie alles zu einem hoffentlich sinnvollen Ganzen zusammenkommt.

Ty: Es hilft enorm, dass keiner von uns ein Dickkopf ist, keiner sich profilieren will. Unsere jeweiligen Stärken ergänzen sich; die Schwächen lassen wir einmal unter den Tisch fallen. Dann gehen die Manuskripte per eMail hin und her, es wird diskutiert, geändert, umgeschrieben - bis das Ergebnis uns beiden gefällt.

Schauen wir uns Ihre Weltenschöpfung einmal etwas näher an. Die Welt, die Sie uns vorstellen, erinnert mich persönlich an eine Mischung aus Philip K. Dicks Werken und der „Alien“-Filme. Finden Sie sich da wieder?

Daniel: Die „Alien“-Filme waren sicherlich ein Vorbild, als wir unseren Handlungsbogen entworfen haben. Allerdings weniger der Schock-Effekt - erinnern Sie sich, wie das Alien aus dem Brustkorb herausbricht? - sondern mehr in Hinsicht darauf, dass in der Welt in der die Macher „Alien“ angesiedelt haben, die Menschen nach wie vor arbeiten müssen, einen Job haben und in der es Klassenunterschiede gibt. Das, die glaubwürdige Realität, die hier durchschimmerte, hat mich immer so begeistert, wobei die kleinen possierlichen Beißerchen der Aliens natürlich auch nicht übel waren.

Ty: Dem kann ich eigentlich nichts hinzufügen - „Alien“ war natürlich ein Einfluss, dazu kommen aber auch Noir-Krimis und auch die Welten eines Philip K. Dick, ja.

Soweit ich dies recherchieren konnte, hat Ty die Welt, ihre ökonomische und politische Ausrichtung, ursprünglich für ein Computer-Spiel entworfen. Ernst nachdem das Game letztlich nicht realisiert wurde haben Sie entschieden, die sehr komplexe Welt als Bühne für die „Expanse“-Romane zu nutzen. Stimmt das? Wie kam es genau zur Zusammenarbeit und bietet sich da jetzt, nachdem die Serie in aller Munde ist, nicht doch noch ein Game an?

Daniel: Als Ty nach Albuquerque zog, lernten wir uns - wie dies so ist - über gemeinsame Bekannte kennen. Damals spielten wir zusammen Tabletop Games, und ich merkte dabei, wie sorgfältig und detailversessen Ty seine Welt entworfen hatte. Als das projektierte PC-Spiel dann nicht realisiert wurde, nahm ich die Gelegenheit wahr, und riss mir das fertige Konzept unter den Nagel. Nachdem er schon so viel meiner Arbeit erledigt hatte, war es ein Leichtes, in diese fertige Bühne meine Gestalten einzubringen. Mit dem Spiel würden wir quasi zu unseren Wurzeln zurückkehren - von uns aus sehr, sehr gerne, nur haben wir die Rechte daran schon lange verkauft und bislang nichts mehr gehört. Es liegt also leider nicht in unseren Händen.

Ty: Im Nachhinein hat sich alles zum Guten gewandet. Ich hatte mir große Hoffnungen für das Spiel gemacht, hatte viel Arbeit und Herzblut in das Projekt gesteckt und war am Boden, als das Game dann doch nicht zustande kam. Da war es dann Schicksal, dass Daniel auf mich zukam - und jetzt schauen Sie mal, was aus unserem gemeinsamen Baby wurde: erfolgreiche Bücher und eine TV Serie - wer will denn mehr?

Sie beide leben in New Mexico und sind mit Autoren wie Ian Tregillis oder einem gewissen unbekannten, nur leidlich erfolgreichen Typen namens Martin, George R. R., befreundet - was haben diese zu Ihrem Projekt gesagt, der Space Opera neues Leben einzuhauchen?

Daniel: Als wir den ersten Roman begannen, war diese Art von Science Fiction nicht en vogue. Solche Romane gab es früher, aber jetzt war man in virtuellen Welten unterwegs, doch nicht in Raumschiffen mit Raumanzügen und auf Raumstationen. Es gab damals einige Freunde - nicht George -, die uns davon abrieten, so etwas zu schreiben. Zeitvergeudung nannten sie es, können wir nie verkaufen, gibt es keinen Markt dafür, bekamen wir zu hören. Doch lieber auf Nummer sicher gehen, und Fantasy schreiben, damit kann man dann Rechnungen bezahlen, meinten sie. Trotzdem haben wir den Roman begonnen, haben ihn in unserer Schreibgruppe vorgestellt, diskutiert und jede Menge konstruktive Kritik, aber auch Zuspruch bekommen.
Inzwischen sitzen wir an einer neuen Space-Opera-Trilogie, da „The Expanse“ definitiv nach dem neunten Roman abgeschlossen sein wird. 

Ty. Wir hatten auch unglaubliches Glück mit dem Timing. John Scalzi hatte geraden den ersten Roman seiner „Old Man’s War“-Saga („Krieg der Klone“, dt. Heyne, Neuauflage bei Tor in Vorbereitung) veröffentlicht, und der Erfolg dieses Buches hat nicht nur in Verlagen Türen geöffnet, sondern auch die Fans und Leser daran erinnert, dass es Space Opera gibt, und dass diese nicht immer altbacken daherkommen muss. Es gab damals eine Welle der Neugier darauf, ob es wohl ähnliche Bücher wie Scalzis Roman gab und, huch, da waren wir mit „Leviathan erwacht“.

Warum haben Sie sich letztlich entschieden, die Handlung in einer relativ nahen Zukunft anzusiedeln, und nicht „Star Wars“ und „Star Trek“ folgend von fernen Zeiten zu fabulieren?

Daniel: Schwierige Frage, einfache Antwort - für mich als Verfasser war es einfach interessanter nur ein wenig in die Zukunft zu schauen und zu überlegen, wie diese wohl aussehen könnte. Außerdem vermieden wir es auf diese Weise zu sehr in den Serien-Kosmos der TV und Kino-Blockbuster hineingezogen zu werden.

Ty: Geht man zu weit in die Zukunft, dann wandelt sich der SF-Plot fast unweigerlich in eine Fantasy-Handlung um. Das wirkt einfach nicht real, sondern märchenhaft, da spielen ganz andere Handlungsabläufe und Schemata mit, die mir persönlich nicht liegen. Wir wollten unser eigenes Ding machen, und das scheinen wir erreicht zu haben.

Wenn ich das vorhin richtig mitbekommen habe, dann lieben Sie Ty es, eine komplexe Welt zu entwerfen, während Daniel am liebsten gleich darauf los fabuliert; also für beide eine Win-win-Situation?

Daniel: Ich würde nicht sagen, dass ich nur drauflos erzähle. Nein, ich hatte ja mit einem halben Dutzend Romanen Erfahrungen gesammelt und hatte jetzt die Chance ergriffen, eine wunderbare ausgearbeitete Welt als Bühne zu nutzen. Mittlerweile habe ich viel über diese Bühne nachgedacht, sie zusammen mit Ty weiter entwickelt, während er gleichzeitig seine Gabe faszinierend zu Erzählen fortentwickelt hat. Also letztlich doch eine Win-win-Situation.

Ty: Ich liebe es nach wie vor, mir funktionierende Gesellschaften und Welten einfallen zu lassen und Daniel mag diesen Aspekt des Schreiben ein bisschen weniger - insofern sind wir beide, so wie es ist, mehr als zufrieden.

Wieviele der ursprünglichen Entwürfe für das Spiel fanden letztlich Aufnahme in die Romane, was mussten Sie für die literarische Umsetzung abändern?

Daniel: Vom Plot her haben wir fast alles über den Haufen geschmissen. Ein Rollenspiel ist etwas ganz anderes als ein Roman und dieser wieder ganz anders als eine TV-Serie. Gerade handwerklich gibt es hier große Unterschiede, auf die man als Verfasser achten muss. Sobald wir uns aber auf die Handlungslinie geeinigt hatten, waren die Anpassungen kaum einer Erwähnung wert. Das lief wie von selbst, und wir ergänzen uns hier toll.

Ty: Oh ja, da gibt es einen himmelweiten Unterschied, wie man Informationen den Lesern oder den Spielern vermitteln muss. Wir haben an der Welt selbst kaum etwas ändern müssen, die Personen waren das, was uns dann lange beschäftigt hat, wollten wir diese doch in sich überzeugend aufbauen.

Sie beschreiben in den Bchern viele technisch-wissenschaftliche Errungenschaften, bauen auf mechanischen Gesetzen und wissenschaftlichen Erkenntnissen auf - wie klären Sie dies nur alles immer auf ihre Logik ab?

Daniel: Über allem steht die Recherche. Ty hat sich schon immer dafür interessiert, wie die bemannte Weltraumfahrt in der Zukunft aussehen könnte, wie die Pläne hier bei den verschiedenen Weltraumorganisationen aussehen. Ich habe Biologie studiert, weil mich das Fach als solches interessiert hat. Als wir dann diese beiden Interessengebiete zusammengeführt haben, kam „The Expanse“ dabei raus.

Ty: Wir sind uns auch nicht zu schade dafür, professionelle Hilfe anzufordern. Gerade wenn es um die zugrundeliegende Mathematik geht, stoßen wir an unsere Grenzen - obwohl der Leser das in den Romanen kaum merkt, soll hier doch alles in sich stimmig sein.

Mittlerweile sind sieben Romane des Zyklus auch bei uns erschienen. Beim Lesen fiel mir auf, dass sie geschickt versuchen die Handlung immer in einen neuen Kontext einzufügen. Zunächst geht es um die politisch-wirtschaftliche Situation im Sonnensystem, dann geht es immer weiter hinaus ins All. Im vierten Roman schließlich behandeln sie die Besiedlung einer fremden Welt und gehen dabei auch auf die Unterschiede im biologischen Aufbau von Wesen ein. Was als „Auf in den Westen, sichern wir uns Raum“ beginnt, entwickelt sich zu einem toxischen GAU. Daniel, Sie haben Biologie studiert: hat dies Ihnen bei dem Entwurf und der Beschreibung der Bedrohungslage geholfen?

Daniel: Eine der Hauptfiguren im vierten Roman - Elvi Okoye - habe ich ganz bewusst so angelegt, dass sie meine Überzeugung vertritt. Alle Lebewesen auf der Erde haben einen gemeinsamen genetischen Kode. Was aber wäre, wenn es da draußen, in den Weiten des Alls, Leben geben würde, dessen Kode anders aufgebaut ist, und diese unterschiedlichen Systeme aufeinander treffen würden? Und wie würde das fremde Leben aussehen? Einige Dinge wären ähnlich, einfach, weil sie das Überleben des Individuums und damit der Rasse erleichtern würden. Jedes Leben braucht Energie, es ist von Vorteil, wenn man vor einer Gefahr fliehen kann, wenn die Sinnesorgane in der Nähe des Mundes wären - aber wo gäbe es Unterschiede und warum - das sind doch interessante Fragen.

Ty: Daniels Biologie-Studium kam uns hier gerade recht. Wir nutzten sein Wissen, lasen dann in der Folge unheimlich viel - trockene - Sekundärliteratur und kamen doch immer wieder zu der Überzeugung, dass wenn wir einmal da draußen sind, die Lösungen, die das Leben für Probleme findet, sich doch immer ähneln werden. Das heißt aber nicht, dass da nicht handfeste Überraschungen auf uns warten werden…

Weiter fiel mir auf, dass Sie es lieben, Genres in Ihren Romanen zu mischen. Der Auftaktband verwöhnte uns unter anderem mit NoirDetektiv-Elementen in Kombination mit packender Space Opera. Warum bleiben Sie nicht einem einmal eingeschlagenen Weg treu, sondern versuchen immer wieder neue stilistische Elemente und Versatzstücke einzupassen? Macht das für Sie als Autoren das Schreiben interessanter, abwechslungsreicher und überraschender?

Daniel: Das absolut wunderbarste an der Science Fiction ist doch, dass wir in einen Roman all die anderen Genres mit hineinweben können. In einem Krimi ahnen Sie, wenn Sie zu Beginn auf die Leiche stoßen, dass es einen Täter und ein Motiv gibt, die es zu suchen gilt. Oder nehmen wir den Liebesroman - da geht es zumeist um zwei Menschen, die sich lieben und dann sterben. Oder zwei Menschen, die sich hassen und sich dann verlieben. Science Fiction beinhaltet das alles, und mehr. Genau das meinte Delany, als er einmal sagte, dass die SF mehr eine Einstellung als ein Genre sei.

Ty: Natürlich haben Sie auch Recht: Beim Schreiben geht es uns in erster Linie darum, dass wir Spaß haben - wenn das klappt und rüberkommt, dann merken das die Leser und folgen uns gerne in fremde Welten.

Werden wir die Rasse, die die Relikte auf die unsere Crew gestoßen ist hinterlassen hat, einmal näher kennenlernen?

David & Ty: Warten wir es ab, in Band acht zumindest noch nicht.

Schauen wir uns einmal die beiden Hauptcharaktere näher an. So fällt auf, dass Sie Holden die Rolle des zunächst naiven Idealisten zugeschoben haben, während Miller den Zyniker geben darf. Gibt es da Parallelen zu den beiden Autoren?

Daniel: Nein, definitiv nicht - hoffe ich zumindest... Ty?

Ty: Ich sehe mich als glücklichen Nihilisten - da ist in unseren Romanen niemand in Sicht, der die Welt so sieht; also nein, Daniel hat recht, keine Parallelen.

Alle „Expanse“-Romane lesen sich sehr wirklichkeitsnah. Man hat als Leser immer den Eindruck, das könnte so, wie beschrieben, tatsächlich passieren. Ist Ihnen das wichtig, war es beabsichtigt, oder hat sich dies im Verlauf des Schaffensprozesses ergeben?

Daniel: Wir versuchen, weniger realistisch zu sein. Es geht uns mehr darum, dass unsere Handlung in sich plausibel ist. Wir versuchen ganz bewusst, in unserem Plot nicht zu belehrend zu wirken oder dem Leser etwas so Unglaubwürdiges zu kredenzen, dass er die Lust an der Lektüre verliert. Das ist ein manches Mal schwieriger Balance-Akt.

Ty: Wenn es sich wirklichkeitsnah anfühlt, dann haben wir unser Ziel erreicht.

Das Universum, das Sie gemeinsam beschreiben, ist eine sehr gefährliches Umgebung; macht die Art, wie Sie die Reise Ihrer Helden durch ein Medium beschreiben, bei dem man grausam stirbt wenn man nicht höllisch aufpasst, es so interessant für den Leser den Figuren zu folgen - was meinen Sie?

Daniel: Nein, nicht wirklich. Das Universum ist so wie es ist, es ist die Bühne, auf die sich unsere Figuren eingestellt, an die sie sich angepasst und gewöhnt haben.

Ty: Der Weltraum ist für die Forscher nicht gefährlicher, als die erste Atlantiküberquerung es für die damaligen Expeditionen war. Der Drang zu forschen, die Grenzen hinauszuschieben, zu schauen, was da draußen auf uns wartet ist doch das, was die Menschen antreibt und voranbringt.

Zu den vielen Stärken der Bücher zählt für mich auch, dass Sie politische wie soziale Aspekte glaubwürdig mit einarbeiten. Dabei sparen sSe auch Themen wie Rassismus nicht aus. Was meinen Sie, wird die Menschheit wenn sie denn einmal zu den Sternen fliegt, dieses Übel - oder auch Vorurteile, Krieg und Hass - hinter sich lassen oder mit hinausnehmen in die Weiten des Alls?

Daniel: Unser Anliegen war und ist immer, unseren Lesern zu zeigen, dass die größte Gefahr, die auf uns alle lauert, von uns selbst, unserer Einstellung zueinander ausgeht. Wir haben den Mond nur erreicht, weil die beiden damaligen Supermächte einen Wettlauf um die Ehre, als erste auf dem Mond zu landen, lanciert haben. Zwar haben wir Menschen uns technologisch weiterentwickelt, aber wir sind nach wie vor konfliktgesteuerte Lebewesen, die dem Nachbarn nicht die Wurst auf dem Brot gönnen.

Ty: Die Menschheit hat rein zeitlich gesehen viel mehr Dekaden damit zugebracht sich in primitiven Stammeskulturen gegenseitig umzubringen, als dass sie die Zivilisation hochgehalten hätte. Wir lernen scheinbar sehr langsam, wenn überhaupt. Die Fähigkeit ein Raumschiff zu bauen sagt doch noch gar nichts über moralische Integrität aus. Nein, da sehe ich eher schwarz, dass wir uns in absehbarer Zeit wirklich zu eine friedfertigen Spezies entwickeln.

Wird die Menschheit jemals Krieg oder Hunger überwinden - was meinen Sie?

Daniel: Den Hunger, mittels technologischen Fortschritt vielleicht, aber was den Krieg anbelangt, da sehe ich schwarz, rabenschwarz.

Ty: Es ist alles eine Frage der Energie. Wenn wir saubere, umweltverträgliche Energiequellen auftun, dann haben wir eine Chance, die Erde zu retten und unseren Planeten zu erhalten, wenn nicht, dann sieht es schlecht für uns aus.

In drei Staffeln hat SYFY „The Expanse“ fürs Fernsehpublikum umgesetzt. Können Sie uns hier ein wenig davon erzählen, wie es dazu kam und ob Ihnen das Endresultat gefällt?

Daniel: Die Macher hinter der Umsetzung wollten uns unbedingt ins Boot holen. Das ist bei derartigen Projekten eher ungewöhnlich. Normalerweise lassen sich die Fernsehmacher nicht gerne von unbedarften Autoren sagen, wie ihre Umsetzung auszusehen hat. Hier war und ist es anders, und es hat sich als rundum glückliche Entscheidung für alle Beteiligten erwiesen.

Ty: Ich bin da ja vor Ort ganz nah dran - und bekomme mit, was aus den Romanen geändert werden muss, was bleibt, an was die Macher hinter den Kulissen alles denken müssen - da steckt unheimlich viel Arbeit und Enthusiasmus dahinter.

Dann gibt es da noch ein weiteres Projekt von Ihnen. Ebenfalls unter dem Corey-Pseudonym erschien in den USA ein Han-Solo-Roman. Können Sie uns ein wenig darüber erzählen?

Daniel: Man hat uns angesprochen, ob wir uns vorstellen könnten einen Han-Solo-Roman zu schreiben, der in der Zeit zwischen „Krieg der Sterne“ und „Das Imperium schlägt zurück“ spielt. Eigentlich sollte der Roman Lesern, die sich bislang mit „Star Wars“ noch nicht beschäftigt hatten einen Einstieg in das Universum bieten, doch jetzt wird das Buch als letzter Band der „Legenden“ vermarktet. Es war einfach toll, in die Welt einzutauchen, sie ein ganz klein wenig mit zu gestalten. Auch wenn wir hier das Korsett der Vorgaben hatten, konnten wir über einen Mann schreiben, der alles, aber wirklich alles falsch macht, was er nur falsch machen kann - und damit durch kommt.

Haben Sie ganz herzlichen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben, uns Rede und Antwort zu stehen.