Drachenzähmen leicht gemacht 2 (Film)

Drachenzähmen leicht gemacht 2
USA 2014, Regie: Dean DeBlois

Von Christel Scheja

Mit DreamWorks ist für den Disney-Konzern in den letzten beiden Jahrzehnten ein nicht zu unterschätzender Konkurrent im Bereich der Zeichentrick- und Animationsfilme entstanden, der dem Branchenriesen oft einen Schritt voraus ist. Auch wenn regelmäßig nachgezogen wurde, so sind es doch immer noch die Filme aus der kleineren Filmschmiede, die neue Maßstäbe in Darstellung und Erzählweise setzen.

„Drachenzähmen leicht gemacht“, gehörte zu den großen Erfolgen des Studios, konnte das spannende Abenteuer um Drachen und Wikinger, entstanden nach den Büchern von Cressida Cowell, doch Jung und Alt gleichermaßen fesseln. Nun legt die Saga nicht nur weitere Folgen der inzwischen mehrere Staffeln umfassenden Fernsehserie, sondern auch einen zweiten Kinofilm nach, der am kommenden Donnerstag in den deutschen Kinos anläuft.

„Drachenzähmen leicht gemacht 2“ beginnt fünf Jahre nach den Ereignissen des ersten Films. Der Stamm von Haudrauf dem Stoischen ist Hicks Beispiel gefolgt und hat Freundschaft mit den Drachen geschlossen. Fast alle sind Reiter geworden, auch der Häuptling, und das Leben könnte nicht besser sein, denn man bewältigt die Arbeiten gemeinsam, was zwar auch nicht immer ohne Schwierigkeiten abläuft, aber immer gute Laune macht.

Allerdings trägt sich Haudrauf inzwischen mit dem Gedanken, die Führerschaft des Stammes an seinen Sohn weiterzugeben, weil er sich mittlerweile zu alt dafür fühlt und seine letzten Jahre im Ruhestand verbringen möchte. Aber der Junge scheint damit nicht einverstanden zu sein und läuft ihm immer wieder davon, wenn er erste Gespräche führen will. So wie auch diesmal. Während die anderen Jugendlichen eines der beliebten Rennen ausfechten, ist Hicks wieder unterwegs, um seinen Horizont und seine Karten zu erweitern.

Doch fremde Länder bringen auch bisher unbekannte Gefahren und Überraschungen mit sich. Gemeinsam mit Astrid, die sich ihm kurze Zeit später anschließt, obwohl sie ihn eigentlich zurückholen sollte, entdeckt er eine Festung, die mit Eis bedeckt ist, und Männer, denen Drachen wohlbekannt zu sein scheinen, ja, die sogar auf der Jagd nach ihnen sind.

Eret, Sohn des Anführers der Schar, erwähnt einen gewissen Drago, der gerade im Begriff ist, eine Drachenarmee aufzubauen, aber auch einen unbekannten Reiter, der ihnen immer wieder dazwischenfunkt und verhindert, dass sie andere Drachen gefangennehmen können. Das weckt natürlich Hicks’ Neugier, vor allem nachdem sein Vater schon bei der Nennung des Namens Drago aufschreckt und sich nur noch verbarrikadieren und niemanden mehr auf Erkundung ziehen lassen will.

Und so bricht er gegen den Wunsch seines Vaters erneut auf und macht sich alleine auf die Suche nach der Wahrheit. Und die ist überraschender als er ahnt, denn der unbekannte Drachenreiter lebt nicht nur seit fast zwanzig Jahren in Symbiose mit den Drachen und beschützt deren Zuflucht – hinter der Maske steckt auch eine Person, die er verloren glaubte, seine eigene Mutter Valka...
Doch sie können diesen Moment des Wiedersehens nicht lange feiern, denn während Haudrauf nur nach seinem Sohn sucht, bekommt auch der machtgierige Drago, der nur die Versklavung der Drachen im Sinn hat, Wind von der ganzen Sache. Nun rückt eine Armee gegen die Zuflucht und später sogar Berk vor und die Wikinger müssen alles geben, um die Welt, die sie sich selbst geschaffen haben, zu retten…

Der erste Teil drehte sich ja in erster Linie um das Kennenlernen und den Beginn der Freundschaft zwischen zwei Außenseitern: Hicks, dem schmächtigen Sohn des Wikinger-Anführers, und dem kleinen behinderten Drachen Ohnezahn, der ebenfalls keinen guten Stand unter seinesgleichen hat, weil er nicht mehr richtig fliegen kann. Dieses Abenteuer beschränkte sich auf die Umgebung von Berk.

Im zweiten Teil erweitert sich nicht nur die Welt, in der Hicks und sein Drache leben, nun muss sich das enge Band zwischen den beiden Hauptfiguren erst einmal richtig bewähren, denn die Gegenspieler haben es in sich, wie sich schon bald zeigt und sind ganz und gar nicht harmlos.

Während Kinder vermutlich vor allem von den actionreichen Szenen und dem jugendgerecht aufbereiteten Humor begeistert sein werden, dürften sich die erwachsenen Zuschauer eher von den dunklen Untertönen angesprochen werden. Mit den Helden ist nämlich auch die Geschichte älter geworden, die Probleme und Sorgen, denen sich Hicks und seine Freunde stellen müssen, sind wesentlich ernsterer Natur und berühren auch sehr menschliche Ängste, wie gerade in der zweiten Hälfte der Saga zu sehen ist.

Was den Zuschauer erwartet, ist daher ein Wechselbad der Gefühle. Meistens bleibt die Handlung locker und leicht, punktet mit Situationskomik, amüsanten Wortduellen und nimmt Klischees auf die Schippe – gerade wenn es sich um die Wahrnehmung der Jugendlichen dreht. Dann wieder gibt es atemberaubende Flugszenen und Landschaftspanoramen, die durch 3D besonders plastisch wirken, oder Actionsequenzen, in denen man gar nicht weiß, wo man zuerst hinschauen soll. Aber auf der anderen Seite gibt es auch stille Momente voller Gefühl, wenn sich zwei lange getrennte Personen wiedersehen dürfen und ein Verlust verdaut werden muss.

Tatsächlich ist dieser Film dazu da, Hicks und seine Freunde erwachsen werden zu lassen. Der junge Mann merkt schmerzhaft, dass seine unbeschwerte Jugend vorbei ist, und lernt zu verstehen, welche Verantwortung er hat, so dass der kindliche Charme der Saga am Ende etwas verfliegt. Das tut der Geschichte aber keinen Abbruch. Sie ist gut erzählt, angenehm getaktet und lässt in den über 100 Minuten keine Langeweile ankommen. Am Ende ist man sogar traurig darüber, dass sie schon zu Ende ist.

Gerade Hicks und seine Freunde entwickeln sich weiter, aber auch die neuen Charaktere haben sehr interessante Seiten, die für zusätzliche Spannung sorgen. So ist Valka ganz in der Welt der Drachen gefangen, während Draco von Hass und Machtgier zerfressen scheint. Und nicht zuletzt ist Haudrauf lange nicht der alte grimmige Brummbär, für den ihn sein Sohn die ganze Zeit gehalten hat, sondern zeigt auch sehr sanfte und liebenswerte Facetten seines Wesens.

Alles in allem erweist sich der Film als gelungene Unterhaltung für die Familie – mit einer vielschichtigen Geschichte, die jeder Altersgruppe und jedem Geschlecht Momente bietet, die man als Zuschauer einfach nur lieben kann, auch wenn das ein oder andere Element zugunsten der Kinder eher vereinfacht und verharmlost wird, aber das tut der Spannung keinen Abbruch. Übrigens ist es nicht notwendig, die „Dragons“-Serie zu kennen, die wichtigsten Entwicklungen seit dem ersten Film werden angemessen erklärt und leichtfüßig nebenbei eingebunden.

Dazu kommt eine Animation, die durch die 3D-Effekte besonders räumlich wirkt und in den Flug-Sequenzen mitzureißen weiß, lebendig gestaltete Figuren und ein wunderschönes Farbschema, dass sich den vorherrschenden Gefühlen anpasst.

„Drachenzähmen leicht gemacht 2“ ist Unterhaltung für die ganze Familie – spannendes Fantasy-Animationskino mit viel Herz und einer Geschichte, die mehr als nur schöne Bilder, schrägen Humor und kernige Action bietet. Denn die Handlung selbst überzeugt vor allem durch ihre vielschichtigen Themen und liebenswert gestalteten Figuren, deren Geheimnisse und Entwicklungen vor allem für Spannung sorgen und Lust auf weitere Abenteuer von Hicks und Co. machen.