Green Arrow Megaband 2: Krieg der Outsiders (Comic)

Green Arrow Megaband 2
Krieg der Outsiders
(Green Arrow 17-31)
Autor: Jeff Lemire
Zeichnungen: Andrea Sorrentino
Übersetzung: Peter Thannisch
Panini, 2014, Paperback, 330 Seiten, 28,00 EUR, ISBN 978-3-95798-080-9

Von Frank Drehmel

Nachdem der erste „Green Arrow“-Megaband in vorderst erzählerischer aber auch in Teilen visueller Hinsicht einen – wenn nicht den – Tiefpunkt des „The New 52“-Relaunches markierte, war es zweifelhaft, ob Autor Lemire das Ruder rumreißen kann.

Um es vorwegzunehmen: gemeinsam mit dem begnadeten italienischen Zeichner Andrea Sorrentino ist Lemire das an ein Wunder grenzende Kunststück gelungen, eine abgrundtief miese Serie in ein echtes Mainstream-Highlight zu verwandeln, das zwar nicht an Marvels innovative „Hawkeye“-Reihe heranreicht, das aber schon nach wenigen Seiten die ersten 16 Hefte vollkommen vergessen macht.

Oliver Queen hat das Erbe seine Vaters, Queen Industries, verloren! Als er den Mann, den er für den Verlust verantwortlich macht – Mr. Emmerson – zur Rede stellt, dreht dieser den Spieß um und hält Oliver seine Verantwortungslosigkeit vor, seine Dekadenz und seine Schwäche, welche ihn nicht befähigen, in die Fußstapfen seines Erzeugers zu treten. Bevor jedoch dieser Punkt geklärt werden kann, wird Emmerson noch in seinem Büro von einem Attentäter getötet und Oliver steht zunächst als Täter da.

Zwar kann er fliehen, aber als sein Alter Ego den Täter findet, ein Bogenschütze wie er selbst, erweist sich dieser Mann, der sich Koodo nennt, als haushoch überlegen und Oliver wird nur deshalb nicht getötet, weil ein Unbekannter namens Magus eingreift. Der in seinen Ressourcen neuerdings stark eingeschränkte Held erkennt, dass er alleine nicht weiterkommt, will er die Hintergründe aufklären, und bitte zunächst den genialen, aber leicht psychotischen Computer-Nerd Henry Fyff um Hilfe. Später komplettiert die totgeglaubte, von Komodo jedoch nur entführte Naomi das kleine Team, und nachdem Oliver schließlich Komodo zumindest schwer verwunden kann, fühlt er die Zeit gekommen, sich der Aufgabe zu stellen, die ihm Magus auferlegt hat: eine Art Walkabout durch die Wüste Arizonas, an dessen Ende die Erkenntnis stehen wird, wer Oliver Queen ist, wer sein Vater war und wie einige der jüngsten Ereignisse zusammenhängen.

Green Arrow erfährt, dass sein Feind im Dienste eines uralten Bündnisses von sieben Clans steht, die Jahrhunderte als Outsiders Erleuchtung suchten, die jedoch mittlerweile ihre ehedem hehren Ideale verraten haben und zu einem Haufen korrupter Assassinen verkommen sind. Und er erfährt weiters, dass es innerhalb der Clans Widerstand gegen die brutalen Machenschaften gibt und dass sein Vater der Führer des Pfeil-Clans gewesen ist. Um es mit den Outsiders aufnehmen und Rache für seinen Vater nehmen zu können, muss Oliver zunächst eine Verbündete aus den Fängen eines osteuropäischen Schurken befreien, eine Frau namens Shado, die die Geliebte seines Vaters gewesen ist und die ebenfalls meisterhaft mit Pfeil und Bogen umgehen kann. Doch auch mit dieser Verbündeten an seiner Seite wird der Krieg Opfer fordern, denn die Zahl ihrer Feinde wächst mit jedem Tag.

Der radikale Bruch des neuen Kreativ-Teams mit dem ersten Run wird naturgemäß – zuallererst am Artwork Sorrentinos offenbar, einem Artwork, das nur „funktioniert“ weil Sorrention Zeichner und Tuscher in Personalunion ist. Seine Bilder entwickeln sich gleichsam aus Schatten, aus zarten Konturen, aus zeichnerischen Andeutungen und – natürlich – der Farbe. Sie haben aufgrund des Fehlens markant gradliniger, klarer Begrenzungen etwas flirrend Leichtes, etwas Organisches und Lebendiges an sich, das durch die stimmige, stimmungsvolle und zuweilen höchst expressive Farbgebung unterstrichen wird. Darüberhinaus beherrscht Sorrentino meisterhaft jede Art von Perspektive, Dynamik und Seitenlayout, sodass das Artwork sowohl visuell einzigartig ist, als auch den Leser in das Geschehen hineinzieht.

Lemires Story wiederum ist mit zahlreiche Rückblenden vergleichsweise kompliziert aufgebaut und verweist schon an dieser Stelle in der Dramaturgie auf die „Arrow“-TV-Show, zu der sich im Folgenden weitere Parallelen auftun. Der Autor nimmt sich die Zeit, sämtliche Figuren – also auch Antagonisten – sorgsam und plausibel zu entwickeln und überfrachtet das Setting nicht mit stereotypen, austauschbaren Pappkameraden. Selbst die Einführung der Outsiders in die Serie wirkt, anders als beispielsweise der Rat der Eulen in den „Batman“-Serien, organisch und natürlich, weil sie sorgsam – bis an die Grenze der Gemächlichkeit – vorbereitet wird.

Fazit: Intensiv, hochdramatisch, spannend und mit einem einzigartigen Artwork. Grandios, wie Lemire und Sorrentino die Story aus der erzählerischen Dunkelheit ins Licht geführt und ein Comic-Juwel erschaffen haben. Unbedingt empfehlenswert.