Thomas Thiemeyer: Valhalla (Buch)

Thomas Thiemeyer
Valhalla
Titelillustration von David Keaton
Knaur, 2014, Hardcover, 512 Seiten, 19,99 EUR, ISBN 978-3-426-65265-7 (auch als eBook erhältlich)

Von Carsten Kuhr

Hannah Peters und ihr Lebensgefährte, der Ex-Marine John Evans, forschen im Auftrag ihres reichen Gönners in Kambodscha und untersuchen die beeindruckenden Ruinen Groß-Angkors, als Norman Stromberg das erfolgreiche Team auseinanderreißt. Hannah soll nach Spitzbergen reisen, wo man tief unter dem 5000 Jahre alten Gletschereis eine riesige Stadt gefunden hat, die das legendäre Hyperborea sein könnte. Dass die Forscher nicht die ersten neuzeitlichen Menschen sind, die die antike Metropole aufsuchen, stellen sie fest, als sie auf Relikte der deutschen Wehrmacht stoßen. Himmlers Arierforscher glaubten hier nicht nur die Wiege der deutschen Rasse gefunden zu haben, sie forschten hier auch an einer heimtückischen biologischen Waffe.

Das Virus ist nach wie vor aktiv, nur Hannah Peters überlebt dank des in ihrem Körper reifenden Lebens. Doch dem Ungeborenen droht direkt nach der Geburt der grausame Tod durch das Virus. Nur eine Probe des Genom-Urerregers könnte eine Heilungschance für das noch ungeborene Kind eröffnen, doch das Gebiet wurde mittlerweile von russischen Sicherheitskräften weiträumig abgesperrt. Der russische Auslandsgeheimdienst will sich den biologischen Nazi-Kampfstoff sichern und geht dabei nicht eben zimperlich vor.

So versuchen Hannah und John, unterstützt durch ein paar wenige Freunde, unentdeckt zur ehemaligen deutschen Forschungsstation vorzustoßen – und treffen dabei nicht nur auf gnadenlose russische Agenten sondern auch auf weitere Überlebende der ersten Expedition – obwohl diese nicht mehr wirklich als menschlich bezeichnet werden können…

Zum dritten Mal nach „Medusa“ und „Nebra“ stellt Thomas Thiemeyer die sympathisch gezeichnete Archäologin Hannah Peters ins Zentrum eines phantastisch angehauchten Thrillers.

Thiemeyer, der sowohl im Jugendbuch als auch im Erwachsenen-Segment publiziert, gefällt mir persönlich immer dann besonders gut, wenn er in die Ferne schweift. Gleich ob er die Sahara besucht, den tropischen Regenwald ins Zentrum stellt oder den südamerikanischen Hochkulturen seine Referenz erweist, sobald es in fremde Gestade geht, flammt seine Fabulierfreude besonders auf, nehmen mich als Leser die farbenprächtigen Schilderungen der Umwelt und Kulturen gefangen.

Immer dann, wenn er in seinen Romanen geschichtliches Wissen um alte, untergegangene Kulturen mit einer packenden Handlung kombiniert, erweisen sich seine Romane als Pageturner. Vorliegendes Buch ist hier keine Ausnahme. Geschickt nutzt er das bekannte Motiv der Nazi-Expeditionen, um einer verschwundenen Hochkultur auf die Spur zu kommen. Er nutzt diese aber nur als interessante Kulisse, vor der er dann seine eigentliche Handlung platziert.

Es geht ihm um Menschen, die Schöpfer spielen, die biologische Waffen entwickeln und dabei von ihrer eigenen Kreation überfallen werden. Und es geht um Menschen, die versuchen, allen moralischen Grundsätzen zum Trotz diese Waffe – und nicht anderes sind biologische Kampfstoffe – für ihre Nation zu sichern, koste es was es wolle. Natürlich sind entsprechende Konstellationen leidlich bekannt, zumal insbesondere die russischen Einsatzkräfte recht schematisch agieren und weitgehend stereotyp angelegt wurden. Demgegenüber aber nutzt der Autor den so gewonnen Raum, um uns seine Gruppe um Hannah umso detailreicher und glaubwürdiger vorzustellen. Jeder der mit Hannah fünf Expeditionsteilnehmer wird gesondert eingeführt, gewinnt im Verlauf der Geschehnisse immer mehr Ecken und Kanten.

Das Tempo und die Dramatik sind hoch, überzeugend verbinden sich im Thriller archäologische Forschungen mit einer packenden Abenteuer-Handlung und zeigen, dass packende Thriller nicht unbedingt aus dem angloamerikanischen Sprachraum kommen müssen.