X-Men Sonderheft 43: Astonishing X-Men (Comic)

Marjorie Liu
X-Men Sonderheft 43
Astonishing X-Men
(Astonishing X-Men 62-68, 2013)
Aus dem Amerikanischen von Jürgen Petz
Titelillustration von Phil Noto
Zeichnungen von Gabriel Hernandez Walta, Amilcar Pinna, Cris Peter
Panini, 2014, Heft, 156 Seiten, 7,99 EUR

Von Irene Salzmann

Zwar wurde bereits das „X-Men“-Sonderheft 42 als letzte Ausgabe der „Astonishing X-Men“ bezeichnet, da im Rahmen von „Marvel Now!“ alles anders werden und auch die Teams in ihrer bisherigen Zusammensetzung aufgelöst werden sollten, doch mit dem „X-Men“-Sonderheft 43 und den darin enthaltenen US-Ausgaben 62 bis 68 wurde jetzt der endgültige Schlusspunkt gesetzt. Um die beliebte Serie zu würdigen, spendierte Panini eine in sich abgeschlossene Storyline und einen Heft-Umfang von 156 Seiten.

In „X-Termination“ 1 gelangten die „Astonishing X-Men“ in die alternative „Age of Apocalypse“-Welt und versuchten zusammen mit anderen Teams, eine Gefahr abzuwenden, die auch ihre eigene Zeitlinie bedrohte. Dark Beast infizierte heimlich Iceman mit dem Apocalypse-Keim, den der Mutant unwissentlich in seine eigene Welt mitnahm.
Nun wird der Todeskeim endlich entdeckt, der gewissermaßen ein Katalysator für die Evolution ist, jedoch jeden, der ihn trägt, korrumpiert und Zerstörung nach sich zieht – eine Erfahrung, die auch „AoA“-Wolverine/Weapon Omega machte. In Konsequenz enthüllt Iceman sein wahreS Potential und ist drauf und dran, die gesamte Erde unter Eis zu begraben, auf diese Weise alles Leben zu vernichten.
Das Gute in ihm sucht verzweifelt nach einem Ausweg und manifestiert sich auf ganz eigene Weise. Es bringt sogar ehemalige Freundinnen ins Spiel: eine Begegnung, die auch bei Shadowcat Verdruss auslöst, da sie uns Iceman einander nähergekommen sind und sich nun die Frage stellt, ob ihre Beziehung eine Chance hat oder stets im Schatten ihrer ersten großen Liebe Colossus stehen wird, denn noch immer denkt sie an ihn, was auch Iceman wieder bewusst wird, der seinerseits sehr viel für Mystique empfindet.
Dieser Konflikt hat jedoch zu warten, denn der Apocalypse-Keim muss unschädlich gemacht werden, wofür die X-Men die fragwürdige Hilfe von Dark Beast benötigen. Wird es gelingen, Iceman und die Erde zu retten? Wie wird der junge Mutant mit dem Wissen umgehen, zu was er fähig ist und zu welchem Monster er beinahe wurde? Welche Folgen hat das für das Team?

Der farbige Teenager Wendy ist ein Außenseiter in dem kleinen Nest, in dem ihre Familie lebt. Schon seit langem träumt sie davon, eine Heldin zu sein – und am liebsten ein Mitglied der X-Men. Prompt geht ihr Wunsch in Erfüllung, als ein Alien auftaucht und die Bevölkerung in Angst und Schrecken versetzt. Während die X-Men bestrebt sind, es einzufangen und notfalls unschädlich zu machen, gelingt es Wendy trotz ihrer Angst, Kontakt zu dem Wesen aufzunehmen und weiteres Unheil zu verhindern.
Dadurch lernt sie, dass in jedem ein Held stecken kann beziehungsweise auch die Helden in Wirklichkeit ganz normale Menschen mit den üblichen Problemen sind. Sie braucht keine Außenseiter-Gruppe, um ‚dazu zu gehören‘, denn sie hat ihre Familie und kann immer Freunde finden.

Seit die Shi’ar Warbird zu den X-Men stieß, sieht sie viele Dinge anders als früher, wenngleich es ihr noch immer schwerfällt, manches zu verstehen. Eine Rückkehr in die Heimat wäre zugleich eine Rückkehr zum Kadavergehorsam, der kein Hinterfragen erlaubt. Dennoch hat sie immer wieder Zweifel – und eine neue Familie, die ihr hilft, Krisen zu meistern.

Zwar bietet das Heft drei Storys, aber sie gehen ineinander über und sind durch ein zentrales Thema verbunden: Familie! Die Message ist ganz klar. Keiner ist allein, keiner muss ein Außenseiter sein, die Familie fängt jeden auf, vor allem wenn er strauchelt. Infolgedessen wenden sich die X-Men nicht von Iceman ab, der erstmals zeigt, dass sich hinter seiner scheinbaren Fröhlichkeit auch Selbstzweifel und Düsternis verbergen, die durch den Apocalypse-Keim an die Oberfläche drängen und ihn beinahe die Erde zerstören lassen. Genauso wie er erfahren Wendy und Warbird, dass man sich nicht einsam fühlen muss, wenn man Menschen um sich hat, die einen gern haben und für einen da sind, genauso wie man selbst für sie einstehen würde.

Dieser Inhalt ist in eine spannende Handlung verpackt, die, wie schon die vorherigen Episoden, in einem etwas comichaften, klecksigen Stil gezeichnet sind, der schon ein wenig gewöhnungsbedürftig ist. Vielleicht ist das auch gut so, denn idealistisch-realistische Illustrationen hätten als eye-candy von der Aussage abgelenkt. Das Cover ist repräsentativ für das, was den Leser diesbezüglich erwartet, doch ‚vergisst‘ man den Zeichenstil gern über die niveauvolle Geschichte, die Marjorie Liu erzählt.

Schade, dass es für die „Astonishing X-Men“ vorerst nicht weitergeht, zumal noch einige ungelöste Probleme auf Northstar und seinen Ehemann warten. Auch wann man sich auf ein Wiedersehen mit der Autorin und in welcher Serie freuen darf, wüsste man gern. So bleibt nur, diesen letzten Band aufgrund seiner schriftstellerischen Qualität zu genießen und zu hoffen, dass es unter „Marvel Now!“ einen Neustart gibt und Marjorie Liu bald wieder einer interessanten Serie ihren Stempel aufdrückt.