Grimm Fairy Tales – Mythen und Legenden 1 (Comic)

Raven Gregory, Ralf Tedesco, Joe Brusha & Joe Tyler
Grimm Fairy Tales – Mythen und Legenden 1
(US-Grimm Fairy Tales: Myths & Legends Volume 1 TPB, 2010)
Aus dem Amerikanischen von Sandra Kentopf
Titelbild von J. Scott Campbell
Zeichnungen von David Miller, Jason Embury u.a.
Panini, 2012, Paperback mit Klappenbroschur, 168 Seiten, 16,95 EUR, ISBN 978-3-86201-309-8

Von Irene Salzmann

Jeder kennt das Märchen von Rotkäppchen, wie es die Gebrüder Grimm erzählten. Darum wundert man sich doch ein wenig, dass man in dem vorliegenden Comic nicht wirklich das findet, was das hübsche Cover diesbezüglich verspricht. Stattdessen blättert man sich durch ein Urban-Fantasy-Szenario, das mit typischen Splatter-Elemente aufwartet.

Eine geschlossene Anstalt, in der Problem-Jugendliche untergebracht sind. Ärzte und Pfleger, die halbherzig ihren Job erledigen und bloß an dem Geld interessiert sind, welches die reichen Eltern zahlen. Ein Orkan. Ein Stromausfall. Abgeschnitten vom Rest der Welt. Ein Monster, das sich auf dem Gelände herumtreibt, Personal und Patienten nach und nach frisst. Ein Fluchtversuch…

All das kennt man aus diversen Splatter-Filmen und -Romanen. Bezüge zum Märchen werden durch die Kreatur, ein wolfähnliches Werwesen, und ein Rudel Wölfe hergestellt. Und dann taucht auch noch – typisch Amerikaner! – eine Superheldin mit einem kryptischen Spruch auf den Lippen auf, greift jedoch nicht in das Geschehen ein.

Die Geschichte endet relativ offen, und man wird schon das nächste Paperback abwarten müssen, um zu erfahren, was eigentlich los ist. Daran, dass Gut und Böse gegeneinander kämpfen, besteht kein Zweifel, doch die jeweiligen Repräsentanten haben sich noch nicht offenbart, und auch die russische Hexe Baba Yaga, die der Text auf dem Backcover ankündigt, taucht hier noch nicht auf. Etwas märchenhafter ist allein das letzte Kapitel, eine Rückblende in die Vergangenheit von Britney Waters, der engagierten Ärztin, die immer mehr zum Dreh- und Angelpunkt der Ereignisse wird. In einem Traum schlüpft sie in die Rolle des Rotkäppchens – doch war das wirklich nur ein Traum?

Die Illustrationen halten leider auch nicht das, was das Cover – und die Titelbilder der sehr schönen Cover-Galerie – versprechen. Mehrere Zeichner waren am Werk, die allesamt einen ähnlichen Stil haben, sodass es keine Brüche gibt. Dennoch stellt man fest, dass hin und wieder ein Gesicht oder eine Pose missglückt sind, vor allem im fünften Kapitel.

„Grimm Fairy Tales“ 1 ist ein Comic für das reifere Publikum, das dem Splatter zugetan ist. Die Geschichte und die Illustrationen sind Geschmackssache. Der Inhalt wird dem Titel und dem sehr ansprechenden Cover jedoch nicht gerecht.