Jocelynn Drake: Dayhunter – Jägerin der Nacht 2 (Buch)

Jocelynn Drake
Dayhunter
Jägerin der Nacht 2
(Dayhunter – The Second Dark Days Novel, 2009)
Aus dem Amerikanischen von Jasper Nicolaisen
Titelgestaltung von HildenDesign/Isabelle Hirtz unter Verwendung eines Motivs von Pascal Genest/iStockphoto
Lyx, 2010, Taschenbuch mit Klappenbroschur, 444 Seiten, 9,95 EUR, ISBN, 978-3-8025-8263-9

Irene Salzmann

Die Vampirin Mira hatte geglaubt, in der neuen Welt dem langen Arm des Konvents entkommen und ihre eigenen Wege gehen zu können, aber das war ein Irrtum. Nachdem sie aufdeckte, dass sich die Naturi von ihrer Niederlage im Jahrhunderte zurückliegenden Krieg erholt haben und das Siegel zerstören wollen, um ihre Königin zu befreien und mit ihr an der Spitze Menschen, Vampire, Gestaltwandler und alle anderen Wesen auszulöschen, reist sie nach Europa, um den Kampf aufzunehmen. Auf ihre Verbündeten kann sie sich jedoch nur bedingt verlassen, und nach der ersten Schlacht, die knapp gewonnen wurde, sitzt ihr obendrein der Konvent im Nacken.

Mira wagt die Konfrontation in Venedig. Wider besseres Wissen hofft sie, die alten Vampire davon überzeugen zu können, die internen Intrigen ruhen zu lassen, um mit den anderen Völkern den gemeinsamen Feind zu bekämpfen. Ihre Erwartungen werden mehr als nur enttäuscht, als sie feststellt, dass man mit ihr und ihren Begleitern grausame Spiele treibt, sie zu manipulieren versucht und Verräter unter ihnen weilen. Vor allem Jabari, dem sie immer vertraut und den sie geliebt hat, begegnet sie mit Vorsicht, seitdem er einen Teil seiner Pläne enthüllte, in denen sie eine Rolle spielt, die ihr nicht gefällt. Umgekehrt scheint auch Rowe, der Anführer der Naturi, nicht über alle Aktionen seiner Leute informiert zu sein. Trotzdem hält er an seinem Vorhaben fest, und der große Tag des Rituals naht. Mira und ihren Gefährten läuft die Zeit davon, denn sie wissen immer noch nicht, wo das Portal geöffnet werden soll, das den verbannten Naturi die Rückkehr in diese Welt ermöglicht …

„Dayhunter“ knüpft nahtlos an „Nightwalker“, den ersten Band der „Jägerin der Nacht“-Reihe, an. Zwar sind die Romane in sich abgeschlossen, aber um die komplexe Handlung wirklich verstehen zu können, sollte man sie in chronologischer Reihenfolge lesen. Auch diesmal werden nicht alle Fragen beantwortet, sondern einmal mehr die Weichen für das Kommende gestellt (in den USA liegen fünf Bücher vor). Hauptfigur der Serie ist die Vampirin Mira, die zu den jüngeren Blutsaugern zählt, aber alt genug ist, um über große Macht zu verfügen. Hinzu kommt, dass sie das Element Feuer beherrscht, was sie für Ihresgleichen und die Naturi, düstere Elfenwesen mit erstaunlichen Kräften, sehr gefährlich macht. So wundert es dann auch nicht, dass der Konvent seine Macht demonstrieren und Mira auf ihren Platz verweisen will, zu Lasten ihrer Begleiter. Mira ahnt, was passieren wird und lässt sich auf ein gewagtes Spiel ein, durch das sie umso mehr zwischen die Fronten gerät und letztendlich zu Zügen gezwungen wird, die sie nicht hatte machen wollen – ob sich daraus für sie mehr Vor- oder Nachteile ergeben werden, bleibt abzuwarten. Tatsächlich wächst Mira an ihren Aufgaben und Verantwortungen und wirkt gefestigter als im ersten Band. Man erfährt mehr über ihre Vergangenheit, wie sie zum Vampir gemacht wurde und welche Bedeutung ihr im Kampf gegen die Naturi zukommt. Nun versteht man diesen widersprüchlichen Charakter sehr viel besser, und Mira wirkt auch erheblich sympathischer. Die Kabbeleien mit Danaus, ihrem Verbündeten auf Zeit, sind weniger geworden, denn der Vampirjäger beginnt zögerlich, Mira und die anderen Vampire differenzierter zu sehen – sie nicht mehr nur als skrupellose, mordende Blutsauger zu betrachten – und zu hinterfragen, was ihn gelehrt wurde. Auch sein Geheimnis wird gelüftet und bestätigt die Vermutung, dass er mehr als ‚nur‘ ein Mensch ist.

Obwohl der Hintergrund der beiden wichtigsten Charaktere aufgerollt wird und diese sich weiter entwickeln, vernachlässigt die Autorin die Handlung kein bisschen. Flucht- und Kampfszenen sorgen für spannende Action, und ganz selten wird sogar mit einer Prise Erotik gewürzt. Der Leser erhält einige Antworten, die jedoch wieder neue Fragen aufwerfen. Der Band endet zwar nicht mit einem Cliffhanger, aber mit Mira in einer neuen Position. Der Konflikt mit den Naturi ist noch nicht beendet, und parallel dazu erwächst ein zweiter innerhalb der Vampirgesellschaft. Man darf wahrlich gespannt sein, wie es weitergeht! Die Serie „Jägerin der Nacht“ erfreut mit viel Phantastik und Action, interessanten, vielschichtigen Charakteren und einer komplexen Handlung, die immer wieder mit unerwarteten Wendungen überrascht. „Dayhunter“ hat sich gegenüber „Nightwalker“ sogar noch steigern können, denn nicht nur ist der Leser nun mit dieser Welt vertraut, sondern er erhält auch einige wesentliche Informationen, durch die die Hauptfiguren an Tiefe gewinnen, und die Story erreicht einen neuen Höhepunkt.

Hat man Spaß an Titeln wie „Stadt der Finsternis“, „Dark Swan“ oder „Vom Dämon gezeichnet“, wird man auch von Jocelynn Drakes Büchern bestens unterhalten.