Paul Alfred Müller: Der Krieg, den keiner wollte (Buch)

Paul Alfred Müller
Der Krieg, den keiner wollte
Verlag Dieter von Reeken, 2015, Paperback, 186 Seiten, 17,50 EUR, ISBN 978-3-940679-99-4

Von Carsten Kuhr

Es war ein Tag wie jeder andere, als das Undenkbare geschah. Eigentlich gab es genügend Kontrollmechanismen, und doch versagte die ausgeklügelte Technik. Eine erste Atomrakete startete mitten im Kalten Krieg und löschte Magdeburg von der Landkarte aus. Kurz darauf erfolgte der Gegenschlag, über Frankfurt, Stuttgart und München gingen künstliche Sonnen auf. Zwar konnten die Langstreckenraketen noch gestoppt werden, doch für Mittel- und Westeuropa kam jegliche Rettung zu spät.

Müller stellt einen Münchner Atombunker in den Fokus seiner Erzählung. Anfang der 60er Jahre in zwei Bänden im Rahmen der „Utopia“-Großband-Edition erstveröffentlicht, erwartet den Leser eine beklemmende Situation.

In dem privaten Bunker eines Industriellen findet sich eine ganz unterschiedliche Schar Menschen als Überlebende des nuklearen Schlags wieder. Nur zu bald kommt es zu Spannungen zwischen den Vertretern der Arbeiterklasse und dem ebenfalls eingeschlossenen Politiker sowie dem Industriellen. Standesdünkel und Egoismus führen zu Verwerfungen, es kommt zu Animositäten und Konflikten.

Überraschend, wie gekonnt und überzeugend Müller, den ich hauptsächlich für seine packenden Abenteuer-Romane schätze, hier die zunehmende Beklemmung und Verzweiflung der Eingeschlossenen porträtiert. Die Mechanismen des Kalten Krieges mit dem Atomschlag nebst automatischen Gegenschlag wird ebenso realistisch dargestellt, wie die Handlungen der eingeschlossenen Überlebenden. Zunächst versuchen diese, ganz menschlich, die Realität zu leugnen, die Schrecken auszublenden. Nachdem man dem Unfassbaren nicht länger ausweichen kann, liegen die Nerven blank. Dass die bisherigen Anführer auf ihre Pfründe pochen, sie sich weiterhin hofieren und bedienen lassen wollen, erweist sich als schlechte Idee. Die Spannungen nehmen zu, es kommt zu Zusammenbrüchen und zunehmenden Aggressionen. Dies hat Müller sehr überzeugend und intensiv dargestellt, so dass man die Beklemmung, die Angst und Verzweiflung förmlich spüren kann.

Ein ungewöhnlicher PAM-Roman, ein Band, der weniger farbenprächtige Abenteuer und Action in den Mittelpunkt stellt, statt dessen intensiv vor den Gefahren des Kalten Krieges warnt und damit leider wieder aktueller denn je daherkommt.