Robert M. Talmar: Der vergessene Turm – Gilwenzeit 1 (Buch)

Robert M. Talmar
Der vergessene Turm
Gilwenzeit 1
Titelbild: Hrvoje Belic
Bastei Lübbe, 2013, Paperback, 512 Seiten, 14,00 EUR, ISBN 978-3404-20738-1 (auch als eBook erhältlich)

Von Christel Scheja

Robert M. Talmar wurde in Hannover geboren und arbeitete als Berater in der Wirtschaft, er ist als Autor von Sachbüchern , Romanen und Novellen aktiv. Als sein Lebenswerk bezeichnet er wohl die Saga um die „Gilwenzeit“, dessen erster Band „Der vergessene Turm“heißt.

In der grauen Vorzeit erschufen die Wahren Meister, die sogenannten Gilwen, Kristallkugeln, die mit magischer Kraft und besonderen Gaben gefüllt werden konnten. Doch Lukather erkannt die Macht dieser Artefakte und stahl den Meistern der Gildwargim nicht nur das Geheimnis der Herstellung, sondern erschuf auch eigene Gilwen, mit denen er viel Grauen über Kringerde brachte, bis er besiegt werden konnte.

Inzwischen sind dreitausend Jahre vergangen und die Geschehnisse von damals scheinen lange vergessen zu sein. Doch das Erbe des Tyrannen, sein unerbittlicher Hass, gärt noch immer und schafft es nun endlich, an die Oberfläche zu dringen.

Die Bewohner Kringerdes sind ahnungslos, vor allem die Bewohner des Hügellandes sind zufrieden mit dem langweiligen Alltag und dem bescheidenen Wohlstand in ihrer Gesellschaft. Nur wenige sind anders, so wie der Tintnersohn Finn Fokklin, der sich nicht so recht dazu entscheiden kann, den Weg seines Vaters weiterzuverfolgen. Ein Auftrag erzwingt die Entscheidung, denn eine zunächst nur rätselhafte Nachricht verwickeln schließlich ihn und den Kriegermönch Circendil in einen Krieg, der schon lange im Verborgenen brodelt und nun mit einem Schlag die Bewohner Kringerdes nicht nur aus dem langen Frieden schreckt, sondern auch in ein Zeitalter des Chaos stürzt, wenn nicht einige von ihnen schleunigst zu Helden werden.

Gerade im Gefolge der „Hobbit“-Filme versuchen die Verlage noch einmal, das Interesse der Leser an tolkienähnlichen Stoffen auszunutzen und sie für Zyklen zu gewinnen, die zu anderen Zeiten nur wenig Chancen hätten. Das ist auch bei der „Gilwenzeit“-Saga nicht anders. Schon der erste Band, „Der vergessene Turm“, macht deutlich, dass es dem Autor weniger darum geht, ein episches Schlachtengemälde zu entfesseln, als eine magische und farbenprächtige Welt vorzustellen, in der vieles seinen gemächlichen Lauf geht.

So liest sich der Roman auch erst einmal sehr schwerfällig an, da sich der Autor sehr viel Zeit dabei lässt, seinen Protagonisten Finn in seinem normalen Lebensumfeld vorzustellen. Zwar wird es mit keinem Wort gesagt, trotzdem hat man mehr oder weniger deutlich das Auenland vor Augen. Auch später wird immer wieder deutlich, dass Talmar zwar nicht „Der Herr der Ringe“ ganz kopiert, sich aber doch sehr stark an ihm orientiert – angefangen mit dem Volk, aus dem Finn stammt bis hin zu dem geheimnisvollen Kriegermönch Circendil, der nicht ganz grundlos an Aragorn erinnert.

Die Geschichte hat zwar auch ihre Spannungsmomente, setzt aber doch mehr auf Begegnungen und Gespräche, als auf Action-Szenen. Immerhin suchen die Helden aktiv nach den Geheimnissen der Vergangenheit, der Leser erfährt nicht nur aus dem Off, was in der Welt vor sich geht. Letztendlich sind aber doch auch die Längen im Mittelteil nicht zu übersehen, da die aktiven Figuren eine ganze Zeit eher planlos herumzuirren scheinen und nicht sonderlich weiterkommen.

Beim Hintergrund gibt sich der Autor sehr viel Mühe, ergeht sich dabei aber oft auch in ziemliche Details, die der Welt zwar Farbe geben, aber in ihrer Masse irgendwann ermüdend wirken. Auch wird man das Gefühl nicht los, Vieles davon schon in anderer Form in vergleichbaren Romanen und Geschichten gelesen zu haben. Letztendlich muss man schon ein Faible für ausführliche gestalteten Welten im Stil Tolkiens haben, die zwar sehr farbenprächtig wirken und gut durchdacht scheinen, aber auf Dauer doch die Handlung durch die Fülle der vielen Informationen belasten. Die Spannung bleibt daher auch schon im ersten Band moderat, auch ein Ende gibt es nicht, da das Buch mitten im ersten großen Cliffhanger endet.

Alles in allem dürfte „Der vergessene Turm“ als erster Band von „Gilwenzeit“ vor allem die Fans epischer Fantasy ansprechen, die eine ausgefeilte magische Welt im Stil Tolkiens mögen und eher auf viele Details im Hintergrund setzen als auf eine dramatische und actionreiche Handlung. Wer mehr Abenteuer und kernige Helden erwartet, ist allerdings fehl am Platz.