Holly Black: Schwarzes Herz – Fluchwerker 3 (Buch)

Holly Black
Schwarzes Herz
Fluchwerker 3
(The Curse Workers, Book Three – Black Heart, 2012)
Aus dem Amerikanischen von Anne Brauner
cbt, 2015, Paperback, 380 Seiten, 12,99 EUR, ISBN 978-3-570-30882-0 (auch als eBook erhältlich)

Von Irene Salzmann

Cassel Sharpe entstammt einer Familie von Fluchwerkern, die ihre Gabe einsetzt, um sich als Trickbetrüger – und Schlimmeres! – durchs Leben zu mogeln. Nachdem er dahinterkam, dass er als Verwandlungswerker für den Tod zahlreicher Personen verantwortlich ist, woran er sich jedoch nicht erinnert, da er von seinen Brüdern manipuliert wurde, möchte er die Verbrechen wiedergutmachen und auf der richtigen Seite stehen.

Inzwischen hat er zuviel zu verlieren, um so weiterzumachen wie zuvor: Nicht nur sorgt sich Cassel um seine Angehörigen, sondern auch um die ersten echten Freunde, die er an der Schule gefunden hat, Sam Yu und Daneca Wasserman, sowie um Lila Zacharov, die er liebt und die für ihn unerreichbar ist, weil auch sie zu seinen Opfern zählt.

Infolgedessen entscheidet er sich dafür, wie sein Bruder Barron, für das FBI zu arbeiten, sobald er den Abschluss geschafft hat. Unerwartet treten die Agenten jedoch schon früher an ihn heran mit einem Auftrag. Wenn er Gouverneur Patton unschädlich macht, will man alle Anklagepunkte gegen Cassels Mutter fallenlassen, die mit für den unberechenbaren Zustand des Politikers verantwortlich ist, der ein Gesetz durchbringen will, das die Rechte sämtlicher Werker beschneidet, sie ihrer Ämter enthebt und womöglich wieder zurück in die Internierungslager bringt.

Cassel glaubt, keine andere Wahl zu haben, obwohl er ahnt, dass man ihm eine Falle stellt. Seine Gabe ist äußerst selten und wertvoll – und sie macht ihn zu einem gefährlichen Mann, den das FBI kontrollieren und bei Bedarf als Waffe einsetzen will. Er weiß nur nicht, wo der Haken an der Sache ist und wie er die Mission unbeschadet überstehen soll.

Parallel dazu beschäftigen ihn noch eine Menge anderer Probleme: Seine Mutter wird von den Zacharovs festgehalten und soll erst freikommen, wenn Cassel gefunden hat, was sie dem Familienoberhaupt einst stahl. Desweiteren haben sich Daneca und Sam getrennt, und ausgerechnet Barron ist Danecas neuer Freund. Überdies bittet Mina Lange, eine Mitschülerin, Cassel um Hilfe, weil sie jemand erpresst, doch das ist eine Lüge, und was wirklich dahintersteckt, gibt Rätsel auf. Dann wäre da noch Lila, die in die Fußstapfen ihres Vaters tritt als Gangster…

Nach „Weißer Fluch“ und „Roter Zauber“ ist „Schwarzes Herz“ der letzte Band der „Fluchwerker“-Trilogie von Holly Black. Zwar sind die einzelnen Bände relativ in sich abgeschlossen, doch erst in ihrer Gesamtheit ergibt sich ein rundes Bild.

Die Handlung spielt in einer der unseren sehr ähnlichen Welt, doch gibt es außer den ‚normalen‘ Menschen auch die Fluchwerker, die von vielen gefürchtet werden ob ihrer Talente. Damit sie andere nicht manipulieren können, müssen sie Handschuhe tragen. Jeder Vorfall, der ihnen angelastet wird, bringt die Bevölkerung mehr und mehr gegen sie auf, sodass sie bereits wieder vor den Internierungslagern Angst haben müssen. Dieses Szenario erinnert durchaus an „X-Men“ und „Babylon 5“, Serien, in denen Menschen mit besonderen Gaben ebenfalls ausgegrenzt werden.

Dabei sind Cassel und seine Freunde auch nur Jugendliche, die einfach in Ruhe gelassen werden und ihr Leben leben wollen, aber das erlauben in Cassels und Lilas Fall ihre Familien und die Behörden nicht. Während Lila sich dafür entscheidet, das zu tun, was man von ihr erwartet, wird Cassel, wie zuvor seine Brüder, zum Verräter, indem er mit dem FBI zusammenarbeitet. Doch dann muss er feststellen, dass nicht jeder, der als Verbrecher gilt, böse ist, während jene, die das Gesetz zu vertreten behaupten, alles andere als die Guten sind. Allerdings sitzt er längst in einer Zwickmühle, aus der es keinen Ausweg zu geben scheint und die ihn in tödliche Gefahr bringt.

Abgesehen davon müssen sich die Jugendlichen mit den üblichen Konflikten auseinandersetzen, durch die sie reifen und die neue Seiten an ihnen zum Vorschein bringen. Es geht um Geheimnisse, Lügen, Loyalität, Freundschaft und Liebe. Cassel hält sich selbst nicht für einen guten Menschen und er befasst sich sehr intensiv mit all diesen Dingen; er ist sogar bereit, Schlechtes zu tun beziehungsweise sich in die Schusslinie zu begeben, um Gutes zu bewirken. Dahinter, dessen ist er sich bewusst, steckt auch ein gewisser Egoismus, denn er bekommt dafür etwas zurück, beispielsweise wenn es ihm gelingt, Daneca und Sam wieder zusammenzubringen, kann er beide als Freunde behalten.

Cassels innere Kämpfe sind ebenso interessant wie die äußere Handlung. Fand man ihn im ersten Band noch etwas distanziert und nur bedingt sympathisch, da er sich gleich zu Beginn als Betrüger und Mörder geoutet hat, so fing man mit der Zeit an, ihn differenzierter zu sehen, erst als Opfer der Umstände, dann als jemanden, der für seine Taten und sogar die von anderen Verantwortung übernimmt und sich bemüht, trotz aller Widerstände das Richtige zu tun.

Von daher bleibt die Trilogie spannend und dramatisch von der ersten bis zur letzten Seite, es gibt keine Längen – und am liebsten hätte man noch einen vierten Band. Aber die Autorin hat zur rechten Zeit den Sack zugemacht, denn alle Fragen wurden beantwortet, und das Ende ist passend.

Die „Fluchwerker“-Trilogie ist zwar an Jugendliche adressiert, wird aber auch das reifere Publikum fesseln, da Holly Black nicht den gängigen Pfaden der Phantastik folgt, mit ungewöhnlichen Charakteren aufwartet und immer wieder für überraschende Entwicklungen sorgt. Hat man die Nase voll von Hausfrauen-Fantasy, verliebten Vampiren und den Trittbrettfahrern von „Der Herr der Ringe“, „Die Tribute von Panem“, „Harry Potter“ & Co., findet man hier ein frisches Thema, dazu erzählt auf hohem Niveau. Die Romane sind durchaus auch als Filmstoff geeignet.