Andrea Tillmanns: Mathilda tanzt (Buch)

Andrea Tillmanns
Mathilda tanzt
KSB, 2014, Taschenbuch, 142 Seiten, 10,50 EUR, ISBN 978-3-941564-87-9 (auch als eBook erhältlich)

Von Irene Salzmann

Die rüstige Rentnerin Mathilda findet am frühen Morgen des ‚Tags der offenen Gartentür‘, an dem auch sie teilnimmt, auf der Bank an einem ihrer Lieblingsplätze einen Toten. Die Kommissare Saatkamp und Schlangen – böser Cop und guter Cop – deuten an, dass auch Mathilda zu dem Kreis der Verdächtigen gehört, die womöglich mit dem Anlageberater Peter Linke eine offene Rechnung zu begleichen hatten.

Während sie von Saatkamp recht unfreundlich behandelt wird, gibt sich Schlangen offener und von Frau zu Frau, doch begreift Mathilda schnell, dass dies bloß eine Masche ist. Womöglich hat Schlangen gar selber etwas mit dem Fall zu tun? Oder eine der Nachbarinnen? Nicht nur hatte der Tote so manchen Kunden um seine Ersparnisse gebracht, er war außerdem bekannt für seine Affären.

Mathilda beginnt, sich umzuhören und Fragen zu stellen. Vor der Apotheke, in der die Witwe des Mannes arbeitet, wird sie von einem Radfahrer angefahren und bricht sich das Handgelenk. Eine Warnung? Zum Glück ist ein Junge aus der Nachbarschaft zur Stelle, ruft die Sanitäter und hilft Mathilda regelmäßig nach der Schule im Garten. Obwohl sie Christian sehr schätzt, keimt in ihr der Verdacht, dass auch er in die mysteriöse Angelegenheit verstrickt sein könnte – oder warum war er zur rechten Zeit am rechten Ort?

Mathilda lebt seit der Trennung von ihrem Mann allein und widmet, seit sie in Rente ist, alle Zeit ihrem Prachtgarten. Mit ihren Nachbarn versteht sie sich bestens. Der ‚Tag der offenen Gartentür‘ stellt eine Gelegenheit dar, Gleichgesinnten ihre Anlage zu zeigen und sich mit ihnen auszutauschen. Dieses Glück wird getrübt durch die Leiche eines dubiosen Anlageberaters, der offenbar nach einem Stelldichein in ihrem Garten auch noch mit der Skulptur, die ihr ein Freund geschenkt hatte – ‚Waltzing Mathilda‘ („Mathilda tanzt“) –, erschlagen wurde.

Um die eigene Unschuld und die der Nachbarinnen zu beweisen, recherchiert Mathilda auf eigene Faust, nutzt ihr Wissen und hat ein offenes Ohr für die Informationen, die ihr die Polizisten zukommen lassen. Lange tappt sie im Dunkeln und sammelt Puzzlestück um Puzzlestück, bis der Täter, dem sie näher ist, als sie angenommen hat, einen Fehler begeht und sich verrät. Er enthüllt ihr ein menschliches Drama – und auch der Leser, der den Charakter sympathisch findet, zeigt wie Mathilda Verständnis für die Affekthandlung.

Wie auch bei ihren übrigen Krimis und den Büchern aus anderen Unterhaltungsgenres kommt Andrea Tillmanns mit einem Minimum an Leichen aus. Ein Verbrechen, dem ein nachvollziehbares Motiv zugrundeliegt, ereignet sich ausgerechnet im Aachener Spießbürgeridyll, wo man mit einer solchen Untat niemals gerechnet hätte, haben doch die Anwohner genug damit zu tun, ihre großen Gärten zu pflegen. Das tun sie auch weiterhin, obschon sie in Sorge sind, dass auch sie ein Opfer des Mörders werden könnten. Das wird jedoch genauso wenig ausgewalzt wie die Angst, fälschlich des Verbrechens beschuldigt zu werden, oder Mathildas Unfall.

Stattdessen stellt die Hauptfigur – wie Miss Marple – in aller Ruhe Nachforschungen und Überlegungen an, während ihr Alltag weitergeht, sie sich intensiv um ihren geliebten Garten kümmert, den Haushalt erledigt, sich Zeit für gesunde Mahlzeiten nimmt und so weiter. Der Leser hat Anteil an ihrem beschaulichen Leben, das durch die Vorkommnisse nur geringfügig aus der Bahn geworfen wird, und ist ebenso neugierig zu erfahren, wer der Mörder ist und warum.

Trotz oder gerade weil die Handlung auf unnötige Gewalt und Action verzichtet, dafür dem realistischen Ablauf den Vorzug gibt, fügt man sich schnell ein und fühlt sich sehr gut unterhalten. Ob es wohl bald einen weiteren Mathilda-Krimi geben wird?