Marvel Noir: Spider-Man (Comic)

David Hine & Fabrice Sapolsky
Marvel Noir: Spider-Man
(Spider-Man Noir 1-4, 2009)
Aus dem Amerikanischen von Michael Strittmatter
Titelillustration von Dennis Calero
Zeichnungen von Carmine di Giandomenico
Panini, 2010, Paperback mit Klappenbroschur, 108 Seiten, 14,95 EUR

Von Irene Salzmann

Die USA, 1933: In den Jahren der großen Wirtschaftskrise, die auf den Schwarzen Freitag 1929 folgten, leben viele Menschen in ärmlichen Verhältnissen. Die Parkers gehören zu den wenigen, die versuchen, andere aus ihrer Lethargie zu reißen, ihnen zu helfen und Missstände anzuprangern. Das veranlasst Norman Osborn, einen der Unterweltbosse, seine Handlanger auszuschicken, um Ben Parker, der zu unbequem wurde, zu ermorden. Seine Witwe May und sein Neffe Peter setzen ihr Werk trotzdem fort.

Als auch sie zur Zielscheibe werden, greift der Reporter Ben Urich ein. Er nimmt außerdem Peter unter seine Fittiche und zeigt ihm, dass das Elend der Menschen noch viel größer ist, als dieser gedacht hat. Per Zufall landet eine Information, die für Urich gedacht war, in den Händen des Teenagers, der der Sache nachgeht und seltsame Vorgänge in einem Warenlager beobachtet. Dabei wird er von einer Spinne gebissen – und verfügt plötzlich über besondere Fähigkeiten.

Kurz darauf ist Urich, der mit seinem Wissen über Osborn an die Öffentlichkeit gehen wollte, tot. Auch J. Jonah Jameson, Herausgeber des ‚Daily Bugle’, der mit ihm in Verbindung stand, wird ermordet. Ein Vermummter, der sich Spider-Man nennt, wird von der Polizei für den Täter gehalten. Aber alles ist noch sehr viel komplizierter. Was hat Felicia Hardy, Besitzerin des Clubs ‚Black Cat’, damit zu tun?

Zu Marvels „Noir“-Serie gehören neben „Spider-Man“ die Titel „Daredevil“, „Luke Cage“, „Punisher“, „Wolverine“ und „X-Men“. Sie alle sind in sich abgeschlossen und können unabhängig voneinander gelesen werden. Ihnen gemein ist, dass sie sich am film noir und der pulp fiction orientieren und in den 1930er Jahren spielen.

Peter Parker alias Spider-Man ist auch in diesem alternativen Universum ein Teenager, der unter dem gewaltsamen Tod seines Onkels leidet und seine ambitionierte Tante unterstützt. Durch den Kontakt zu dem Reporter Ben Urich, der sehr viel mehr weiß, als er Peter verrät, und der einige dunkle Geheimnisse hütet, erhält dieser schließlich die Chance, seinen Onkel zu rächen. Wird er zuschlagen und dadurch ebenfalls in die Dunkelheit gezogen wie Urich?

Interessant ist auch die Rolle von Felicia Hardy, die im Mainstream-Universum als Black Cat zunächst Verbrechen beging, dann die Seiten wechselte und eine Weile Peters Freundin war. Hier ist sie älter, härter, der Name ihres Clubs spielt auf ihre Superheldenidentität an – und das Image der toughen Businessfrau, die die Vorgänge besser durchschaut als Peter, steht ihr.

Normans Osborn ist in dieser Variante ganz sein böses Selbst und erinnert stark an Al Capone oder Lex Luthor aus dem DC-Universum. Kaum jemand wagt es, seine Stimme gegen ihn zu erheben, denn entweder ködert Osborn seine Gegenspieler mit etwas, das ihnen viel bedeutet, oder er lässt sie aus dem Weg räumen. Um sich geschart hat er weitere illustre Feinde Spider-Mans wie Kraven, Ox und den Geier (weshalb manche Namen im Original stehen bleiben, während andere eingedeutscht werden, ist immer noch ein Rätsel …).

Spider-Man kann das Puzzle schließlich zusammensetzen, muss jedoch den Preis dafür bezahlen. Auch seine Noir-Ausgabe bleibt sich trotz aller persönlichen Dramen selbst treu und ist der Spider-Man, den man kennt und mag.

Die Story ist spannend, düster und tragisch – erfüllt vollkommen das Versprechen, welches der Zusatz ‚noir’ gibt. Die Illustrationen sind durchaus passend, aber zugleich Geschmackssache, da sie nicht annähernd so glatt und idealistisch die Protagonisten präsentieren, wie man es von vielen Marvel-Serien gewohnt ist.

Man sollte ein wenig in dem Band blättern. Sagen Story und Zeichenstil zu, erhält man ein rundes und dramatisches Abenteuer der besonderen Art.