Tamsyn Murray: Spooky Lucy – Mein Date im Jenseits (Buch)

Tamsyn Murray
Spooky Lucy – Mein Date im Jenseits
(My So-Called Afterlife, 2010)
Aus dem Englischen von Ilse Rothfuss
Titelgestaltung von Balk & Brumshagen und Ruth Botzenhardt
dtv, 2012, Taschenbuch, 240 Seiten, 7,95 EUR, ISBN 978-3-423-71519-5

Von Irene Salzmann

Die 15-jährige Lucy ist tot. In der Silvesternacht wurde sie von einem Unbekannten überfallen, in ein Männer-WC gezerrt und erstochen. Die Polizei konnte den Mörder nicht fassen, und ihre Familie ist von London fortgezogen, um der traurigen Erinnerung zu entfliehen. Lucys Geist ist seither an diesen widerlichen Ort gebunden. Monate lang muss sie fremden Männern zusehen, die diese Stätte für … allerlei Verrichtungen aufsuchen.

Der Besuch von Jeremy ändert jedoch alles: Er kann Lucy sehen. Dank ihm findet sie heraus, wie sie die Toilette zeitweilig verlassen kann und dass es außer ihnen beiden noch andere Geister und Medien gibt, die miteinander kommunizieren können. Lucy freundet sich mit Hep an, die sich selbst das Leben genommen hat und im Haus ihrer Eltern spukt. In den attraktiven Ryan, der bei einem Autounfall starb, verliebt sie sich.

Nun ist das ‚Leben danach‘ für Lucy gar nicht mehr so frustrierend. Aber das Glück wäret nicht lange, denn das Fernsehen wird auf das Geistertreiben aufmerksam und will sogar einen Exorzisten kommen lassen, der sich als sehr gefährlich erweist. Obendrein möchte Jeremy herausfinden, wer Lucy umgebracht hat, damit sie ‚weiterziehen‘ kann, und setzt dadurch sein eigenes Leben aufs Spiel…

Erst Vampire, dann Werwölfe, Zombies … – nun sind bald alle klassischen Gestalten des Horrors durch, und die Autoren holen die Geister aus der Mottenkiste, damit auch sie ein wenig Romantic Mystery erleben dürfen. Doch ähnlich wie die verliebten Zombies rufen auch die Geister zwiespältige Gefühle hervor, denn um dieses Stadium zu erreichen, muss man erst einmal gestorben sein, ist eine Tragödie von Nöten. Für diese gibt es in der Regel keine Lösung und somit auch kein echtes Happy End.

„Spooky Lucy“ hält die Waage zwischen Drama und Comedy. Was der Titelheldin und anderen widerfuhr, liest sich traurig, doch die Geister gehen teilweise sehr locker mit ihrem Schicksal um und versuchen, für sich das Beste daraus zu machen. Einige von ihnen haben noch etwas zu erledigen, wobei ihnen medial begabte Menschen helfen, so dass sie anschließend weiterziehen können. Jene, die noch an ihr altes Dasein gebunden sind, feiern Partys, zicken herum und intrigieren wie in ihrem früheren Leben, verlieben sich und so weiter. Es ist fast wie vorher, nur dass einige Dinge ein bisschen anders sind. Lucy kommentiert humorig, manchmal schon etwas derb die Vorgänge im Männer-WC, beschreibt auf dieselbe Weise die Geister und Menschen, die ihr begegnen und alles, was sie erlebt. Schnell wird man in ihre Welt hineingezogen, nimmt Anteil am Schicksal der Betroffenen und den Ängsten, die sie ertragen müssen, als es wirklich gefährlich für sie wird. Mehr möchte man gar nicht verraten, damit die Überraschungen erhalten bleiben und das flotte, amüsante Lesevergnügen nicht geschmälert wird.

Schätzt man Lektüren wie Meg Cabbots „Susannah“ – eine Geisterjägerin verliebt sich in den Geist eines jungen Mannes, der in ihrem Zimmer haust – oder Alyson Noëls „Riley“ – ein verstorbenes Mädchen hat den Auftrag, Geister, die nicht weiter können oder wollen, ins Jenseits zu geleiten –, wird man auch an „Spooky Lucy“ viel Spaß haben. Vor allem Leserinnen zwischen 12 und 15 Jahre dürften gern nach diesem Titel greifen.