Andreas Izquierdo: Apocalypsia (Buch)

Andreas Izquierdo
Apocalypsia
Titelillustration von Vario Images
Rotbuch, 2010, Hardcover, 622 Seiten, 24,95 EUR, ISBN 978-3-86789-108-0

Von Carsten Kuhr

Eine Frau will sich umbringen. Nichts Ungewöhnliches in unserer Welt, immer wieder suchen Verzweifelte ihren letzten Ausweg im Suizid. Das Besondere an vorliegendem Versuch, sich von einer Klippe zu stürzen, ist, dass Judith, so der Name der begüterten Selbstmörderin. von einem Engel aufgefangen und unverletzt am Boden der Schlucht abgelegt wird. Als sie im Krankenhaus wieder zu sich kommt, hat sie das zweite Gesicht. Was sie ihrer Ärztin, der ebenfalls unter einem Verlust zusammenbrechenden Esther, aus der Zukunft zu berichten weiß, das besagt nichts Gutes. Gott liegt im Sterben, die Apokalypse ist da.

Eine Glocke legt sich über die Erde, die Meere ersticken unter roten Algen, die Menschen fallen wie Ähren unter der Sichel. Damit nicht genug, beginnt auch in himmlischen Gefilden ein Krieg, der die Engel weit über ihre Grenzen führt. Während der Äonen in Gefangenschaft gehaltene Luzifer seine Fesseln sprengt, und mit der Vernichtung des Menschengewürms und der Wiedererrichtung des Paradieses eine scheinbar einfache Lösung anbietet, wird den Engeln ein verheißener Erlöser geboren – Nathanael, so wurde geweissagt, kann die Welt, Himmel wie Erde, retten. Doch als Potestas Iax den Verheißenen das erste Mal erblickt, kann er seinen Augen nicht trauen. Dieser verkrüppelte Engel soll die Welt zu neuem Frieden führen? Mehr aus Pflichtbewusstsein, ohne innere Teilnahme oder Freundschaft, unterrichtet Iax den Verkrüppelten, um ihn auf seinen Kampf gegen Luzifer vorzubereiten – doch hat er überhaupt eine Chance?

Engel, das ist nach dem Vampir, Werwesen und Dämonenplots gerade in letzter Zeit zusammen mit den Büchern über wandelnde Untote ein Trendthema. Andreas Izquierdo, der für seinen ebenfalls im Rotbuch Verlag erschienen Historischen Roman „Der König von Albanien“ mit dem Sir Walter Scott Preis ausgezeichnet wurde, hat sich eine sensationelle Idee einfallen lassen.

Gott liegt im Sterben. Was für eine Ausgangssituation, was kommen einem da nicht unwillkürlich für Bilder vor das innere Auge. Armageddon, Cherubim und Seraphim im Kampf mit ihren Schwertern, entflammende Engel und eine Erde, die ihre Kinder frisst. Dies alles hält das Buch auch für den Leser bereit, doch neben einer sehr stimmigen, nachdenklich machenden Aussage im letztlich überzeugenden Finale, hat der Roman ein großes Manko. Er ist inhaltlich nicht geschlossen, insgesamt zu lang und lässt in der Zeichnung der Gestalten eine wirklich überzeugende Charakterisierung leider oft vermissen. Viel zu oft kommen in letzter Sekunde bislang nicht erwähnte Engel zu Hilfe, wechseln sich Längen mit der packenden, letztlich aber zu blutrünstigen Schilderung der Kämpfe ab. Das passt nicht so recht zueinander, es ergibt sich kaum ein wirklich geschlossenes Bild. Dabei hätte man, ein sorgfältigeres Lektorat vorausgesetzt, aus den Ideen, auf denen der Roman aufbaut, ein wirklich tolles Buch machen können.

So bleibt der Eindruck eines nicht ganz ausgereiften Ganzen, in dem der Autor von überzeugend nachdenklichen Szenen, für die sich seine ans Alttestamentarische erinnernde Sprache gut eignet, unvermittelt zu der nicht ganz stimmigen Gewaltschilderung des Himmelskriegs wechselt, und mich als Leser damit verwirrt und die aufgebaute Stimmung vernichtet.