Allein 3: Der Haifisch-Clan (Comic)

Allein 3
Der Haifisch-Clan
(Seuls – Le clan du requin)
Text: Fabien Vehlmann
Artwork: Bruno Gazzotti
Übersetzung: Martin Surmann
Lettering: Mirko Piredda
Piredda, 2009, Hardcover, 48 Seiten, 13,00 EUR, ISBN 978-3941279-62-9

Von Frank Drehmel

Kurz nachdem die fünf Kinder auf der Suche nach weiteren Anzeichen menschlichen Lebens die Stadt in einem gestohlenen Bus verlassen haben, zwingt sie der Angriff einer Meute wilder Hunde, in einem Freizeitpark namens „Treasure Island“ Schutz zu suchen. Hier hat sich eine Vielzahl weiterer überlebender Kinder unter Führung des charismatischen Saul spielerisch eine eigene kleine Welt erschaffen, die der Welt der verschwundenen Erwachsenen angelehnt ist, da die Kleinen in der Vertrautheit tradierter Rituale Trost zu finden scheinen.

Als auf Bestreben des Anführers eine bizarre Hochzeitszeremonie abgehalten wird, bei der die Partner per Losentscheid zusammengeführt werden, ist es einmal mehr Dodji, der sich gegen diesen Zwang auflehnt. Gegen Sauls Untertanen jedoch kommt er nicht an, so dass er gefangengenommen und einer Folter ausgesetzt wird, hinter der weniger böser Wille, als Unüberlegtheit steht. Dennoch ruft die grausame Behandlung ihres Freundes Leila auf den Plan, die Dodji zu befreien versucht, um anschließend gemeinsam mit den übrigen Freunden dem totalitären Regime zu entfliehen. Doch das Vorhaben scheitert, sodass das Mädchen selbst gezwungen ist, sich zu verstecken, während man den Gefangenen unmittelbar in Sauls Gewahrsam überstellt.
Aus einer Position des Ehrgeizes und Größenwahns heraus eröffnet der Despot seinem Opfer, dass es sich am nächsten Tag einem perfiden „Gottesurteil“ zu stellen hat.

Waren in den ersten beiden Alben der Serie Anklänge an Filme und Romane unterschiedlicher Genres zwar erkennbar, aber eher vager Natur, so kann das Szenario des dritten Bandes seine Nähe zu William Goldings „Herr der Fliegen“ kaum verhehlen. Wie der britische Schriftsteller in seinem Roman aus dem Jahre 1954 thematisiert Vehlmann im vorliegenden Album relativ explizit den Verlust der Unschuld und die schon in Kindern tief verankerte Affinität zu struktureller sowie unmittelbar körperlicher Gewalt, wobei er zu keinem Zeitpunkt belehrend vorgeht, sondern – im Gegenteil – einen auf den ersten Blick humorvollen und leichten Ansatz wählt. Doch diese Leichtigkeit, die zum einen durch die naiv anmutenden, situationskomischen Versuche der Kinder, die Welt der Erwachsenen nachzubilden, erzeugt wird, zum anderen auf den semi-funny Duktus von Zeichner Gazzotti zurückzuführen ist, wird ein ums andere mal brutal durchbrochen, schlägt von einem Moment ins tief Tragische um. Demzufolge ist auch der „Der Haifisch-Clan“ – wie die übrigen Bände – trotz des ersten Anscheins kein Comic für Kinder.
Bemerkenswert ist weiters, dass die Mystery-Atmosphäre des Settings über die sehr weltliche Dramaturgie und Tragik zwar deutlich in den Hintergrund rückt, aber auf der letzten Seite neue Nahrung erhält.

Fazit: Sympathische Charaktere in einer visuell leichten, inhaltlich jedoch düsteren, dramatischen und tragischen Story. Eine originelle Alben-Reihe, die in keiner Comic-Sammlung fehlen sollte.