Carrie Vaughn: Die Stunde des Zwielichts – Midnight Hour 6 (Buch)

Carrie Vaughn
Die Stunde des Zwielichts
Midnight Hour 6
(Kitrty Raises Hell)
Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Ute Brammertz
Titelillustration von Dirk Schulz
Heyne, 2011, Paperback, 400 Seiten, 12,00 EUR, ISBN 978-3-453-52747-8

Von Carsten Kuhr

Guten Abend liebe Hörergemeinde, willkommen zurück zur Midnight Hour, meiner wöchentlichen Radiosendung um das Übernatürliche. Bislang haben wir uns in meinen Sendungen ja immer mit Ihren Fragen und Problemen beschäftigt. Mal ging er darum, ob es Wesen wie Werwölfe oder Vampire überhaupt geben würde, dann darum, ob diese eine Bedrohung für die Allgemeinheit darstellen würden.

Nachdem die meisten Fragen geklärt werden konnten, sollte man meinen, dass selbst mir als waschechte Werwölfin so langsam die Themen für eine wirklich packende Sendung ausgehen würden, doch dem ist leider nicht so. Ich bin Kitty Norville, und dieses Mal brauche ich Ihre Hilfe. Sie erinnern sich vielleicht noch, kürzlich erst habe ich mich mit einer uralten Vampirpriesterin und ihrem Lykantropenstall in Las Vegas angelegt. Doch die Anhängerin einer uralten, finsteren Göttin ist ein wirklich schlechter Verlierer. Sie hat etwas beschworen, das sich auf meine Fersen geheftet hat. Ein Wesen, das aus Rauch, Feuer und Gewalt besteht, und das mich gnadenlos jagt. Zwar gelang es mir bislang, auch mit Hilfe der freundlichen Kollegen der Paradox PI meinen Hals aus der Schlinge zu ziehen, dafür aber mussten andere, Unschuldige, leiden und verbrannten von innen heraus. Was nur verfolgt mich, und wie kann ich es aufhalten – wenn Sie mir einen Rat wissen, dann rufen Sie mich an – bitte!

Der sechste Roman um die Radiomoderatorin und Werwölfin Kitty Norville setzt die bereits im letzten Buch begonnene Entwicklung fort. Nachdem die übernatürliche Welt eingeführt ist und die Gestalten umfassend beschrieben wurden, ist die Zeit der Einzelabenteuer vorbei. Der Handlungsbogen wird weiter gefasst, und schon lange geht es nicht mehr nur um das fast schon mechanisch ablaufende Bild des Kampfes der toughen Werwölfin gegen das Establishment der Werwölfe und Vampire. Jetzt findet die Autorin Zeit, ihre Welt mit weiteren Wesen und Kämpfen anzureichern. Und sie macht dies vorliegend gar nicht schlecht. Die zunächst diffuse Bedrohung, die von dem mysteriösen Angreifer ausgeht, führt dazu, dass Kitty in Kontakt mit einer Gruppe professioneller Ermittler des Übernatürlichen gerät. Keine simplen, trockenen Wissenschaftler, versteht sich, sondern Medienleute, die aus ihren Untersuchungen eine TV-Serie produzieren.

Dies gibt Vaughn die Gelegenheit, auf gängige Spielarten des Übernatürlichen kritisch – aber gleichzeitig direkt – einzugehen. Sei es, dass Verbindung mit dem Jenseits aufgenommen wird, dass Geister und Flüche gestreift werden – das übernatürliche Bild weitet sich deutlich aus. Dabei zeigt die Autorin durchaus den um sich greifenden Scharlatan auf, macht aber auch deutlich, dass es, um mit Shakespeare zu sprechen, mehr Dinge zwischen Himmel und Erde gibt, als man sich gemeinhin vorstellen kann. Die Handlung selbst erweist sich als Selbstläufer. Zwar wird Kitty von ihrem Verfolger getrieben, ist die meiste Zeit damit beschäftigt zu versuchen herauszufinden, was überhaupt passiert, gleichzeitig aber ist das Tempo und die Spannung so hoch, dass der Kitty-kundige Leser an die Seiten gefesselt bleibt. Die Auflösung ist dann zwar ein klein wenig enttäuschend, rundet das Bild aber in sich stimmig ab.

Die Fans der Kitty Norville werden, um im Bild zu bleiben, auch in der nächsten Woche garantiert wieder einschalten, neue Leser (Zuhörer) sollten jedoch mit früheren Romanen der Serie beginnen, um dem Inhalt wirklich folgen zu können.