Doubt 1 (Comic)

Yoshiki Tonogai
Doubt 1
Aus dem Japanischen von John Schmitt-Weigand
Carlsen, 2010, Taschenbuch, 210 Seiten, 7,95 EUR, ISBN 978-3-551-75443-1

Von Irene Salzmann

Yoshiki Tonogai arbeitete als Assistent von Atsushi Ookubo („Soul Eater“), bevor er 2006 mit „Higurashi no Naku Koro ni – Himatsubushihen“ debütierte. „Doubt“ ist seine zweite Serie und in vier Teilen abgeschlossen. Gegenwärtig arbeitet er an „Judge“, der Fortsetzung seiner erfolgreichen Tetralogie.

„Rabbit Doubt“ ist ein populäres Online-Game: Unter eine Gruppe Hasen hat sich ein verkleideter Wolf geschlichen, der ein Häschen nach dem anderen tötet. Entweder bestehen die Hasen die ihnen gestellten Aufgaben und entlarven den Wolf – oder er frisst sie alle auf. Yu, Haruka, Eiji, Rei und Hajime, die sich bislang nur durch das Spiel kannten, wollen sich endlich persönlich treffen. Ein Häschen-Anhänger ist das Erkennungszeichen. Zufällig stolpert Mizuki, eine Mitschülerin Yus, über die Gamer und schließt sich ihnen neugierig an. Der Nachmittag, der für alle vergnügt begann, endet jedoch in einem Albtraum. Die Jugendlichen werden von einem Unbekannten entführt und in einem leerstehenden Gebäude ausgesetzt. Als sie wieder zu sich kommen, stellen sie fest, dass jeder von ihnen – nur einer nicht – einen Barcode trägt, mit dem sich jeweils eine einzige Tür öffnen lässt. Schnell wird ihnen klar, dass sie diese Schlüssel sehr überlegt einsetzen müssen, wollen sie den Weg nach draußen finden, bevor sie alle Opfer des Wolfes werden. Einer von ihnen musste bereits sterben...

Dass sich eine Simulation und die Wirklichkeit vermischen beziehungsweise ein harmloses Spiel zur grausamen Realität wird, ist ein bekanntes und beliebtes Thema innerhalb der Phantastischen Literatur und dem Film (Daniel F. Galouye: „Simulacron 3“, Tad Willimas: „Otherland“, „Tron“, „Matrix“ und andere mehr). Auch Yoshiki Tonogai bedient sich dieses Motivs, denn Online-Games sind beliebt bei allen Altersgruppen, und so mancher verbringt bald mehr Zeit in aufregenden virtuellen Welten als im konventionellen Alltag. Für die sechs jungen Hauptfiguren, die bis auf eine ausnahmslos Gamer sind, wird das fröhliche Kennenlernen zum Horror-Trip: Jemand, der eine Hasenmaske trägt, betäubt die Teenager und verschleppt sie an einen unbekannten Ort, der vielleicht eine Anstalt für psychisch Erkrankte gewesen sein könnte. Auf der Suche nach dem Weg in die rettende Freiheit erforschen sie das unheimliche Gebäude, in dem sie nicht alleine sind. Aber ist der mysteriöse Beobachter wirklich der ‚Wolf‘ oder auch nur ein Opfer? Misstrauen macht sich breit, denn einer von ihnen musste bereits sterben, ein anderer hatte an dem Treffen nicht teilgenommen und stieß erst jetzt zu der Gruppe, wieder einer bereitet ständig Probleme, und wenigstens einer von ihnen hütet ein Geheimnis, das die anderen nicht entdecken sollen. Vertrauen wäre nötig, um gemeinsam der Falle zu entrinnen – aber was ist, wenn man sich dem Falschen anvertraut?

Der erste Band lässt den Leser mit ebenso vielen Fragen zurück wie die Protagonisten, die sich nur langsam vom ersten Schock erholen und versuchen, wie es von ihnen erwartet wird, das Spiel zu spielen, um am Leben zu bleiben. Die Rätsel und das Unheimliche machen neugierig, wie es weiter gehen wird, wer am Schluss übrig ist und wer aus welchen Gründen dieses Schreckensszenario initiiert hat.

Die Zeichnungen sind zart, relativ realistisch und personenbezogen mit ausgeführten Hintergründen. Trotz der düsteren Handlung setzt der Künstler mehr auf Grautöne als auf starke Schwarz-Weiß-Kontraste.

„Doubt“ wendet sich an Leserinnen und Leser, die wenigstens 16 Jahre alt sind und sich für realistische Szenarien, die mit Mystery- und Horror-Elementen nicht geizen, begeistern können. Statt Action wird psychologisches Kalkül geboten, und das Publikum wird aufgefordert, mitzudenken und mitzuraten. Schätzt man Titel wie „Monster“, „Pluto“, „Anne Freaks“ etc., wird man auch „Doubt“ mit Spannung lesen.