Michael Tillmann: Ein Gänsekiel aus Schwermetall (Buch)

Michael Tillmann
Ein Gänsekiel aus Schwermetall
Titelillustration von Heinrich Kley
Medusenblut, 2010, Taschenbuch, 198 Seiten, 13,00 EUR, ISBN 978-3-935901-14-7

Carsten Kuhr

Neun Geschichten erwarten den Leser im aktuellsten Band der Edition Medusenblut. Wer den Autor und Herausgeber Boris Koch kennt, der weiß, dass er in seinem kleinen, ambitionierten Verlag neben eigenen Werken immer wieder auch talentierten Kollegen die Gelegenheit gibt, abseits der einengenden Vorgaben der großen Verlage Texte zu präsentieren. Dass dabei dann immer wieder gar seltsame Preziosen das Licht der Büchertische erblicken ist gewollt und macht das Auspacken eines neuen Medusenblut-Bandes erst so richtig interessant.

Michael Tillmann war ein unbeschriebenes Blatt für mich. In der Goblin Press erschien vor Jahren (1997) – und inzwischen längst vergriffen – mit „Das Grinsen im Labyrinth“ eine erste Storysammlung, ansonsten legten sporadische Veröffentlichungen in Magazinen von Tillmanns Fabulierkunst beredt Zeugnis ab (zumindest nehme ich dies nach Lektüre vorliegenden Bandes an).

Schon äußerlich kommt uns das Buch ungewöhnlich daher. Heinrich Kley war anno dazumal bereits als Illustrator für den legendären „Orchideengarten“ tätig, und sein Bild spiegelt kongenial den Inhalt einiger der Geschichten wider.

Nicht alle Stories haben mich gleichermaßen angesprochen, dennoch wurde schnell deutlich, dass Michael Tillmann ein Verfasser ist, der seinen Leser einiges Zumutet, der auf ganz eigene, laute ja brutale Weise verblüfft. Als Kind des Ruhrpotts – Tillmann lebt in Gelsenkirchen – hat der Autor eine besondere Beziehung zu Stahl. Dazu gesellt sich seine Liebe für Heavy Metal – heraus kommen aus dieser Synthese literarische Stücke, die anders sind, als das was man gemeinhin zu lesen bekommt. Sei es, dass zunächst ganz im gediegenen Akademiker-Deutsch über die gesellschaftlichen Normen der Japaner parliert wird, bevor wir in eine märchenhafte Samuraigeschichte entführt werden, oder erfahren, warum ein Zombiejäger keine Überstunden mehr schiebt (eine bitterböse Satire auf das permanent labernde Mundwerk so mancher unserer Zeitgenossen), der Cyborg-Satan der in Gelsenkirchen seine Apokalypse beginnt, oder der Black-Metal-Sänger, der vom Geist des letzten katholischen Mönches besessen wird, oder die Mär vom Kriegsglück, das sich am Herz des Königs aufhängt .

Das Gebotene liest sich wie ein wilder Ritt auf den Saiten einer verzerrten Gibson Les Paul vor aufgedrehten Marshall-Verstärkern – wild, ungebändigt und rau, authentisch, ehrlich und ungezügelt.