John Gwynne: Jähzorn - Die Getreuen und die Gefallenen 3 (Buch)

John Gwynne
Jähzorn
Die Getreuen und die Gefallenen 3
(Run - The Faithful and the Fallen 3, 2015)
Übersetzung: Wolfgang Thon
Blanvalet, 2017, Paperback, 928 Seiten, 16,00 EUR, ISBN 978-3-7341- 6121-6 (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Irene Salzmann

Asroth, die Verkörperung des Bösen, will in die Verfemten Lande zurückkehren und dort Gestalt annehmen. Um ihm das zu ermöglichen, sammeln seine Anhänger magische Artefakte, mit denen für ihn ein Portal geöffnet werden kann. Tatsächlich konnten bereits einige Kadoshim, Asroths Diener, durch einen Spalt überwechseln und Besitz von den Körpern zahlreicher Jehar ergreifen, die bisher glaubten, König Nathair, der nahezu alle anderen Reiche unter seiner Führung vereint hat, wäre „das strahlende Licht“, der Champion des guten, aber untätigen Gottes Elyon.

Für Nathair bricht eine Welt zusammen, als er erfährt, dass er in Wirklichkeit „die dunkle Sonne“ ist und er von seinem Ratgeber Calidus, der ein Kadoshim ist, belogen wurde. Allerdings ist Nathair für eine Umkehr schon zu weit gegangen, und ein Eid bindet ihn an Calidus und Asroth. Das einzig Gute, was er noch tun kann, ist, seinen treuen Gefolgsmann Veradis, der bereits Verdacht geschöpft hat, zu warnen, woraufhin dieser einige wertvolle Gefangene befreit und die Flucht ergreift.

Unterdessen befindet sich Edana, die Königin von Ardan, mit einigen Gefährten auf der Suche nach Verbündeten, die mit ihr gegen Nathair kämpfen wollen. Doch nicht allen, die sich ihr anschließen, kann sie vertrauen, am wenigsten Roisin, der geflohenen Königin von Domhain, die Edana nur folgt, wenn sie den jungen Lorcan, ihren Sohn, als Gemahl akzeptiert.

Derweil haben sich Corban und seine Freunde in der Gigantenstadt Drassil, in der sich vor Jahren einige Jehar niedergelassen hatten, verschanzt. Allerdings sind ihnen Nathairs Handlanger mit ihren Truppen auf den Fersen. Corban lässt sich auf ein Duell ein, aber nicht der Verräter Jael stellt sich ihm, sondern der Jehar Sumur, der von einem Kadoshim besessen ist. Ein deutlicheres Zeichen, dass der Feind nicht gewillt ist, sich an Abmachungen zu halten, hätte es nicht geben können. Es scheint, als habe Corban, das wahre „strahlende Licht“, sein Leben verwirkt.


Ganz im Stil von „Game of Thrones“ bleibt die Zahl der wichtigen Handlungsträger konstant, da für jeden, der umkommt, ein anderer aus der Masse aufsteigt.

Regelmäßig verlagern sich die Schauplätze, und die Geschehnisse werden aus der Perspektive eines anderen Charakters geschildert, wobei die „Guten“, die „Bösen“ und die Seitenwechsler gleichermaßen berücksichtigt werden. Der Tod hält reichlich Ernte und verschont ganz realistisch auch die sympathischen Figuren nicht, sodass Corban und seine Freunde erneut tragische Verluste verkraften müssen.

Gewissermaßen findet ein Generationenaustausch statt, denn die Mentoren sterben nach und nach, während die jungen Menschen erwachsen werden und die vakanten Plätze einnehmen.

Doch auch andere Erkenntnisse belasten die Protagonisten. Nathair, der anfangs als Elyons Champion aufgebaut wurde, dann jedoch Entscheidungen traf, die den Leser schnell ahnen ließen, dass er auf Asroths Seite gezogen worden war, wenn auch unwissentlich, hat nun die grausame Wahrheit erkannt und kann nicht mehr zurück, da er zu Calidus‘ Marionette wurde. Aber auch Corban wird durch eine Eröffnung seines Ratgebers Meical, der Elyon vertritt, in eine Glaubenskrise gestoßen, und das ausgerechnet als Drassil angegriffen wird. Seine Schwester Cywen ist hin und her gerissen: Kann sie der Heilerin Brina noch vertrauen, die immer mehr einem Buch, das ein Kapitel mit gefährlicher, dunkler Magie enthält, zu verfallen droht und sie bittet, dieses Geheimnis zu wahren?

Wie bereits in den vorherigen Bänden „Macht“ und „Bosheit“ bietet John Gwynne in „Jähzorn“, dem dritten Band von „Die Getreuen und die Gefallenen“, für jedes Rätsel, das er auflöst, ein neues und dazu jede Menge Cliffhanger, die den Leser spekulieren lassen, ob Corban und seine Mitstreiter Drassil verteidigen oder entkommen können, ob Edana sich und ihre Begleiter in Sicherheit zu bringen vermag, ob Veradis und den Gefangenen die Flucht gelingt und so weiter.

Nachdem zu Beginn die Charaktere etwas einheitlich wirkten, haben sie deutlich individuelle Züge angenommen, sodass man sie gut voneinander unterscheiden kann. Während die „Bösen“ auf Magie, Abschreckung und Belohnung setzen, um ihre Helfer zu kontrollieren, finden die „Guten“ Mitstreiter, indem sie Unterstützung und Freundschaft offerieren. Der gemeinsame Feind, die geteilten Erlebnisse und das Vertrauen ineinander verbindet eine äußerst bunte Truppe interessanter Protagonisten, deren Schicksal man gern verfolgt, wenngleich die vielen Kämpfe und Tode das Publikum zermürben können.

Man sollte die Romane in der richtigen Reihenfolge lesen. Da sie nicht in sich abgeschlossen sind, es sehr viele Schauplätze sowie Charaktere gibt und die Ereignisse aufeinander aufbauen, sind Vorkenntnisse notwendig, um der fortschreitenden Handlung folgen zu können. Wer dem Autor bis hier treu blieb, wird gewiss auch den Abschlussband „Ungnade“ lesen wollen, der für März 2018 angekündigt ist und alle noch offenen Fragen beantwortet.

Freude an der Lektüre werden jene haben, die „Game of Thrones“, „Die Weitseher“-Trilogie, „Die Königsmörder-Chronik“ und ähnliche Titel schätzen und nicht vor Ziegelsteinen mit reichlichen Kampfhandlungen zurückschrecken.