Mats Strandberg: Die Überfahrt (Hörbuch)

Mats Strandberg
Die Überfahrt
(Färjan, 2015)
Nach dem gleichnamigen Roman, erschienen bei Tor)
Übersetzung: Anke Rieck-Blankenburg
Sprecher: David Nathan
Argon, 2017, 2 mp3-CDs, ca. 963 Minuten, ca. 19,95 EUR, IBSN 978-3-8398-1543-4

Rezension von Irene Salzmann

Die Ostseefähre „Baltic Charisma“ verbindet Schweden mit Finnland. Die Menschen, die mit ihr unterwegs sind, sind teils Einheimische, teils Touristen. Einige haben konkrete Gründe für die Reise, andere wollen für eine Weile dem tristen Alltag entfliehen. Ihnen gemein ist, dass sie sich während der Überfahrt auf jeden Fall amüsieren wollen: mit gutem Essen und viel Alkohol, Show-Veranstaltungen und One-Night-Stands.

Mit an Bord befindet sich eine stark geschminkte Frau zusammen mit ihrem kleinen, kränklichen Sohn. Die beiden hüten ein Geheimnis, aufgrund dessen sie untertauchen müssen. Doch der Junge macht seiner Mutter einen Strich durch die Rechnung, als es ihm mit der Bitte um Hilfe gelingt, einen Gast in seine Kabine zu locken.

Damit beginnt das Grauen, und bis die Menschen erkennen, was mit ihnen geschieht, scheint es bereits zu spät zu sein. Wer noch dazu in der Lage ist, kämpft um sein Überleben und hofft auf eine Fluchtmöglichkeit. Die Frau ist bestrebt, ihren Fehler wiedergutzumachen, aber was sich nun auf der Fähre befindet, ist nur sehr schwer zu töten.


Liest man den Klappentext und lauscht den ersten Kapiteln, mag man anfangs noch glauben, einen wirklich düsteren und schmutzigen Hardcore-Thriller in den Händen zu halten, doch spätestens mit dem aktiven Eingreifen des kleinen Jungen wird klar, dass „Die Überfahrt“ Horror, ja, Splatter ist.

Bis es soweit kommt, stellt der Autor einige der Protagonisten vor, damit der Leser/Zuhörer zu dem einen oder anderen von ihnen eine Beziehung aufbauen kann. Obwohl es sich bei keinem von ihnen um echte Sympathieträger handelt, denn dafür wirken sie zu problembeladen, oberflächlich, egoistisch und sogar abstoßend, so lässt einen ihr Schicksal dennoch nicht kalt.

Als die Menschen begreifen, dass sie sich in tödlicher Gefahr befinden, ohne recht zu wissen, was wirklich passiert, dürfen sie auf der Flucht und im Kampf immer wieder Hoffnung schöpfen, nur um dann doch dem Grauen zum Opfer zu fallen. Einige wachsen über sich hinaus, gewinnen dadurch Sympathiepunkte, aber das offene Ende erlaubt bloß eine Schlussfolgerung.

Mehr möchte man nicht verraten, um nicht alle Geheimnisse preiszugeben, zumal das Böse letztendlich sehr traditionell daherkommt.

Mats Strandberg bedient sich einer sehr derben Sprache, die vermutlich ebensowenig den Geschmack jedes Phantastik- oder Thriller-Freunds trifft, wie die extrem blutige Handlung. Beides sorgt keineswegs für mehr Spannung oder Unterhaltung; die Story ist einfach nur deprimierend, schmutzig und brutal, durchbrochen von wenigen tiefergehenden, menschlichen Szenen.

Der Sprecher, David Nathan, legt viel Ausdruck in seinen Vortrag, was die Derbheit der Worte und der Charaktere noch betont.

„Die Überfahrt“ ist purer Splatter für all jene, die von Schmutz, Blut und Hoffnungslosigkeit nicht genug bekommen und gut 16 Stunden lang in Blut baden wollen. Wem das zu heftig ist, der sollte von diesem Titel besser die Finger lassen. Der Argon Verlag gibt zwar keine Altersempfehlung, aber der Leser/Zuhörer sollte 18 Jahre alt sein und wissen, worauf er sich einlässt.