Seth Dickinson: Die Verräterin - Das Imperium der Masken 1 (Buch)

Seth Dickinson
Die Verräterin
Das Imperium der Masken 1
(The Traitor Baru Cormorant, 2015)
Tor, 2017, Paperback, 556 Seiten, 16,99 EUR, ISBN 978-3-596-29672-9 (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Christel Scheja

Seth Dickinson hat bereits viele Kurzgeschichten in „Analog“, Asimov’s“ und anderen renommierten Zeitschriften veröffentlicht und arbeitet für das Computerspiel „Destiny“, wenn er nicht gerade Kreatives Schreiben unterrichtet. „Die Verräterin“ ist sein erster Roman und Auftakt zu   der Trilogie „Das Imperium der Masken“.

 

Baru ist noch ein Kind, als das sogenannte Imperium der Masken ihre Heimat ohne einen Tropfen Blut zu vergießen dem Reich angliedert. Einfach nur durch die Wirtschaftsmacht wird das friedliche Land überrannt und seine Kultur nach und nach zerstört, denn von nun an gelten nur noch die strengen Sitten des Reiches.

Das Mädchen kommt in eine Schule für Hochbegabte und wird dort entsprechend gefördert, um ihre Fähigkeiten im mathematisch-analytischen Bereich später als Buchhalterin für das Reich einzusetzen.

Jahre später sieht man sie bereits als treue Bürgerin des Imperiums und schickt sie nach Aurdwynn, eine Kolonie im Norden, in der sich immer noch dreizehn Herzöge an ihre alte Macht klammern. Hier soll sie dabei helfen, diese mit Zahlen und Steuerprüfungen in die Knie zu zwingen. Doch Baru hat in all den Jahren über alles nachgedacht, ihren eigenen Willen nicht verloren und beschließt nun, wo sie an einer Stelle sitzt an der sie etwas bewirken kann, Rache an denen zu nehmen, die ihre Heimat zerstörten.


Müssen Reiche immer durch Waffengewalt fallen? Geht es nicht auch auf anderem Wege? Seth Dickinson zeigt in seinem Roman eine sehr interessante, überaus moderne Variante auf - die heutzutage eher gang und gäbe zu sein scheint. Wenn man ganz wohlwollend auf die Andeutungen blickt, kann man dort auch eine Analogie zu dem sehen, was manche Länder lange taten, um andere von sich abhängig zu machen.

Die Geschichte selbst ist dafür aber sehr schwergängig, denn je akribischer der Autor die Entwicklungen auseinander nimmt, desto weniger kommt er in der Handlung voran. Auch bleiben die Figuren erschreckend blass, entwickeln kaum ein eigenes Profil. Deshalb ist es auch mehr oder weniger egal, was mit ihnen passiert - der Leser bleibt bewusst auf Distanz.

Noch schlimmer aber ist, dass sich der Autor sehr bedeckt hält, welche Auswirkungen die Reformen auf die Länder haben; die Maßnahmen werden zwar immer und immer erwähnt, aber wirkliche Beispiele dafür bekommen die Heldin und ihre Umgebung nur selten zu sehen, weil die Entwicklungen wie künstlich verbreitete Seuchen unter den Einheimischen, Zwangsheiraten mit Leuten aus anderen Völkern und Sterilisierung etc. eher eine Langzeitwirkung haben.

Alles in allem sind sehr interessante Ideen in dem Buch zu finden, nur wirklich verständlich und fühlbar und mit Konsequenzen ausgeführt werden die wenigsten. Die Spannung bleibt leider auf einem eher moderaten Niveau, da selbst Action nur punktuell eingesetzt wird und meistens eher Auswirkungen auf die Heldin hat. Man mag zwar die eine oder andere Entwicklung interessant finden können, aber wirklich mitreißen können diese nicht.

Das macht „Die Verräterin“ zwar auf der einen Seite interessant, weil das Konzept und die Ideen die mit dem Imperium zusammenhängen, noch nicht so oft eingesetzt worden sind, aber der Umsetzung fehlt der richtige Biss, weil der Autor gerade den Hintergrund und die Auswirkungen der Entwicklungen viel zu schwammig hält, um den Leser auf Dauer an das Buch fesseln zu können.