Gruselkabinett 120/121: Der Unsichtbare, H. G. Wells (Hörspiel)

H. G. Wells & Marc Gruppe (Script)
Der Unsichtbare
Gruselkabinett 120/121
Sprecher: Simon Böer, Sascha von Zambelly, Michael-Che Koch u.a.
Titelbild: Ertugrul Edirne
Titania Medien, 2017, 2 CDs, ca. 128 Minuten, ca. 17,99 EUR,  ISBN 978-3-7857-5448-1

Rezension von Christel Scheja

Zusammen mit Jules Verne wird der britische Autor Herbert George Wells (1866-1946) als einer der Väter der Science Fiction bezeichnet. Denn seine phantastischen Geschichten stellen nicht mehr nur Magie, Aberglauben und Mythen in den Vordergrund, wie es andere taten - hier sind es Wissenschaft und Technik, die den Menschen über die Natur triumphieren und doch auch gleich wieder tief fallen lassen, so wie bei „Der Unsichtbare“.

 

In den Gasthof des kleinen und eigentlich ziemlich verschlafenen Dörfchens Iping mietet sich während eines heftigen Schneesturms ein geheimnisvoller Mann ein, der zwar viel Geld bezahlt, aber auch niemanden an sich heranlässt. Doch die Wirtsleute sind gerade deswegen neugierig, ihnen ist der Mann, der von Kopf bis Fuß vermummt ist und auch seinen ganzen Kopf bandagiert hat, mehr als unheimlich.

Sie können es nicht lassen, ihm nachzuspionieren, was eine Kette von düsteren Ereignissen nach sich zieht und den Unbekannten zur Flucht treibt, weil zu viele Leute seinem Geheimnis auf die Spur kommen. Schließlich bleibt ihm nur eines: Zuflucht bei einem Mann zu suchen, der wie er ein Mann der Wissenschaft ist und ihm vielleicht helfen kann, den Fluch los zu werden, den er selbst über sich gebracht hat.


Der Wunsch unsichtbar zu werden und damit das Auge aller anderen Wesen auszutricksen ist wohl so alt wie die denkende Menschheit, bringt diese Fähigkeit doch viele Vorteile bei der Jagd und im Kampf. Herbert George Wells spinnt diese Idee weiter aus und lässt einen Wissenschaftler diese Grenzen überschreiten. Doch wie gehen er und seine Umgebung damit um?

Das zweigeteilte Hörspiel beschäftigt sich mit den unterschiedlichen Aspekten; einmal der Tatsache, dass die meisten einfachen Menschen mit Angst, Schrecken und Aberglauben gegenüber dem Unfassbaren reagieren und dementsprechend aggressiv werden, zum anderen damit, dass auch derjenige, der unsichtbar geworden ist, irgendwann nicht mehr damit zurecht kommen könnte.

Man merkt zwar, dass das Buch an einigen Stellen deutlich gekürzt wurde, die Intention des Autors kommt aber schön zum Vorschein. Auch das Geplänkel zwischen der Hauptfigur und den Wirtsleuten ist nicht ganz umsonst, wirft es auch schon einen interessanten Blick auf den Charakter des Unsichtbaren.

Die Sprecher sind wieder einmal in Spielfreude und tauchen tief in ihre Rollen ein.

Allerdings sollte man sich als moderner Zuhörer auch bewusst sein, dass der Erzählfluss trotz der ganzen Modernisierungen eher gemächlich und ruhig ist und die dramatischen Momente Höhepunkte und nicht die Regel sind. Gerade auf der ersten CD plätschert die Handlung doch arg dahin und wiederholt mehrfach die Versuche der Wirtsleute, an das Geheimnis zu kommen. Auch erfährt man erst spät mehr über den Unsichtbaren, so dass er über lange Strecken unsympathisch bleibt und auch am Ende nicht so sehr fesseln kann.

Heraus kommt eine Geschichte, die zwar stellenweise Atmosphäre entwickelt, für die man aber auch einiges an Geduld aufbringen muss, gerade am Anfang.

„Der Unsichtbare“ ist damit ein eher solides, aber leider nicht ganz so herausragendes Hörspiel der „Gruselkabinett“-Reihe, aber ein interessanter Einblick in das Schaffen eines der Väter der Science Fiction und die Vorstellung eines der weniger bekannten Werke von H. G. Wells’.