Splittermond 1: Nacht über Herathis, Anton Weste (Buch)

Splittermond 1

Nacht über Herathis

Anton Weste
Titelbild: Florian Stitz
Feder & Schwert, 2017, Paperback, 307 Seiten, 12,95 EUR, ISBN 978-3-86762-279-0 (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Jan Niklas Meier

Der bislang vor allem DSA-Spielern als Autor von Abenteuern und Hintergrundbänden bekannte Anton Weste legt nun seinen ersten Roman vor –- und der spielt in Lorakis, der Welt von „Splittermond“.  Inmitten dieses riesigen Kontinents liegt die Stadt Herathis, eine recht große Hafenstadt, unter anderem bevölkert von Zwergen, Gnomen und allerlei weiteren phantastischen Kreaturen. Hier leben die beiden Meuchler Dorn und Pitt, die im Auftrag der Gilde der Langen Messer schon zahlreiche „Kunden“ ins Jenseits befördert haben.

Als sich jedoch plötzlich die Todesfälle in der Stadt (ohne ihr Zutun) rasant häufen, die Führung der Gilde wechselt und die neue Obere von ihnen verlangt, jemanden zu ermorden, der nicht ihrem Ehrenkodex entspricht, müssen sich die beiden Protagonisten fragen, ob sie nicht vielleicht auf der falschen Seite stehen.


Anton Weste will mit seinem Roman zwei Dinge erreichen: eine spannende Geschichte erzählen und eine Einführung in die Welt von „Splittermond“ bieten. Das erste gelingt ihm dabei nur bedingt, das zweite allerdings mit Bravour. Doch der Reihe nach: Die Handlung des Buchs setzt nicht sonderlich zögerlich oder gar subtil ein, es geht schnell richtig zur Sache. Dorn, der wesentlich wichtigere der beiden Protagonisten, wird hier als eiskalter, effizienter Killer präsentiert. Kaum zurück in Herathis, enthüllt er jedoch seine andere Seite, denn natürlich ist er keinesfalls emotionslos oder böse, sondern ein Familienmensch mit Ehrenkodex, der gar Angst vor dem gerechten Zorn seiner Schwester hat.

Was dann folgt, ist eine typische Fantasy-Story. Dorn und Pitt schlittern in eine Verschwörung, die immer größere Ausmaße annimmt, bis sie schließlich in einer schier ausweglosen Situation stecken. Das heißt nicht, dass die Geschichte schlecht wäre, ganz im Gegenteil. Weste schreibt flüssig und gut lesbar, und wenn es für die Helden einmal mehr brenzlig wird, schlägt uns das durchaus in seinen Bann. Nur hat man das alles schon einmal anderswo gelesen, gesehen oder gehört, weshalb dann auch das Ende nicht wirklich zu überraschen vermag.

Das zweite Anliegen, das wir dem Autor hier unterstellen möchten, ist das Schreiben einer möglichst anschaulichen Einführung in die Welt von „Splittermond“ - und das gelingt ihm überaus gut. Egal ob wir nun mit Dorn über den kunterbunten Feenmarkt wandeln, mit ihm durch dunkle Gassen streifen, uns über die Vor- und Nachteile des Namens „Säufermond“ für eine Taverne Gedanken machen oder einfach nur Zwerge, Gnome und Varge an unserem inneren Auge vorbeiziehen lassen, Lorakis lässt uns einfach nicht mehr los. Die wirklich große Stärke des Romans liegt aber darin, dass wir in diese riesige Welt eintauchen können, und uns dabei weder belehrt noch allein gelassen vorkommen. Der Autor zeigt uns einen Weg nach Lorakis auf, der keine seitenlangen Hintergrund-Beschreibungen braucht, uns dabei aber genausowenig Gefahr laufen lässt, im Irrgarten aus Völkern, Städten und Personen vom Weg abzukommen.

Von Verlagsseite wirkt der Einführungsgedanke dann allerdings wie nicht konsequent zu Ende gedacht - so findet sich am Ende des Buches zwar eine farbenfrohe Beschreibung der lorakischen Landschaft außerhalb Herathis‘, eine Karte des Kontinents wurde aber nicht beigefügt. Letztlich trübt das den positiven Gesamteindruck von „Nacht über Herathis“ aber nicht.