Shanghai 1: Kind des Regens (Comic)

Shanghai 1
Kind des Regens
(Shanghai: L'Enfant De La Pluie)
Text: Mathieu Mariolle
Zeichnungen und Farben: Yann Tisseron
Übersetzung: Tanja Krämling
Splitter, 2011, Hardcover, 56 Seiten, 13,80 EUR, ISBN 978-3-86869-229-7

Rezension von Irene Salzmann

Im Jahr 1908 wird China von den imperialistischen Mächten kontrolliert. Sie sind auch für die Verbreitung des Opiums verantwortlich, das die Bevölkerung in einem fortwährenden Rauschzustand hält. Der Kaiser ist praktisch machtlos, Aufstände scheitern an der Zerrissenheit des Volks und den überlegenen Waffen der Invasoren. Die Hafenstadt Shanghai befindet sich in Händen der Triaden und der Ausländer, die ihre eigenen Pläne verfolgen.

Im Auftrag ihres Herrn beseitigt die Kämpferin Yu Xin jene, die er ihr als Zielpersonen nennt, um Exempel zu statuieren. Dabei stößt sie auf einen merkwürdigen Jungen, dessen Vater entführt wurde, und nimmt sich seiner an. Zum ersten Mal erfährt sie, die selber als Waise auf die Gnade anderer angewiesen war, Zuneigung, und obwohl sie es nicht zugeben will, rührt das Kind ihr Herz.

Die Artistin Jade, die gerade mit dem Kaiserlichen Zirkus in Shanghai gastiert, befindet sich auf der Suche nach einem Artefakt, das der Kaiser für sein Vorhaben benötigt. Es befindet sich an einem sehr ungewöhnlichen Ort….


Mathieu Mariolle („Smoke City“, „Pixie“, „Alta Donna“) siedelt die Geschichte zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Shanghai an. China befindet sich am Scheideweg zwischen Tradition und Moderne, Kaiserreich und Republik, sowie im Kampf um die Unabhängigkeit von den imperialen Mächten, die das Land unterworfen haben und ausbeuten. Es gibt Kollaborateure, Widerstandskämpfer und jene, die ihr Fähnchen in den Wind hängen, wenn nur genug für sie herausspringt.

Der entmachtete Kaiser träumt davon, China wieder zu seiner ursprünglichen Größe zu führen, und hat einige idealistische Helfer. Um dieses Ziel zu erreichen, geht er skrupellos vor und zwingt auch Personen in seinen Dienst, die Zweifel an seinen Plänen und seiner Gerechtigkeit haben. Obwohl der Quing-Kaiser Guanxu (Pinyin-Umschrift) ein Mandschu ist, schließt er bei seinem Vorhaben den Kreis zur Qin-Dynastie und Qin Shi Huang Di, der als Gründer des chinesischen Reichs (der Han-Chinesen) gilt und aufgrund spektakulärer Funde (die Ton-Armee) so ziemlich jedem ein Begriff ist.

In den Konflikt zwischen Kaisertreuen, Triaden, Ausländern und sonstigen Gruppierungen, die ihren Profit aus der Situation zu ziehen versuchen, geraten die Akteure des Bandes, über die und deren Motivation man hier leider nur wenig erfährt. Weitere Bände sind für das bessere Verständnis erforderlich.

Die Zeichnungen von Yann Tisseron sind realistisch, farblich vorwiegend düster, meist Ton in Ton, und dabei schön anzusehen.

Eigentlich sollte man „Kind des Regens“ einen Appetizer nennen, denn dieser erste Teil macht neugierig auf das Kommende, denn es wird nicht mehr verraten als dringend notwendig. Man bleibt mit vielen Fragen zurück zu einem Kapitel Geschichte, über das man bloß wenig weiß, sofern man sich nicht (privat, Studium) damit beschäftigt hat, und das mit Steampunk-Elementen aufgepeppt wurde.

Empfindet man Comics, die in Fernost spielen, als reizvoll, sollte man hier einen Blick riskieren. Es liegen drei Bände zu „Shanghai“ vor.