Lisa Yee: Supergirl auf der Super Hero High (Buch)

Lisa Yee
Supergirl auf der Super Hero High
DC Super Hero Girls 2
(DC Super Hero Girls: Supergirl, 2016)
Übersetzung: Silvia Schröer
cbj, 2017, Hardcover, 248 Seiten, 9,99 EUR, ISBN 978-3-570-17383-1 (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Irene Salzmann

Kurz bevor der Planet Krypton explodierte, schickten ihre Eltern Kara in einem winzigen Raumschiff zur Erde. Dort wurde sie, wie Jahre zuvor ihr Cousin Kal-El alias Superman, von Martha und Jonathan Kent wie eine Tochter aufgenommen. Als sich die Kräfte des Mädchens zeigten, drängt das Paar das frischgebackene Supergirl, die Super Hero High School zu besuchen, um zu lernen, diese Gaben zu kontrollieren und zum Nutzen anderer einzusetzen.

So gern Supergirl diese Einrichtung besuchen würde, sie fühlt sich irgendwie fehl am Platz. Ihr Idol Wonder Woman, die zwar unheimlich nett zu ihr ist und sie immer wieder ermutigt, aus Fehlern zu lernen, scheint unerreichbar. Auch die anderen Schüler sind ihr weit voraus, und nicht jeder, der vorgibt, ihr helfen zu wollen, meint es gut mit der stärksten Superheldin auf der Erde. Wollten vielleicht auch die Kents sie in Wirklichkeit gar nicht bei sich haben? Die Trauer um den Verlust ihrer Heimat und vor allem ihrer Eltern setzt Supergirl besonders zu.

Ein Lichtblick in dem Jammertal ist die Freundschaft zu Barbara Gordon, die zwar keine Schülerin der Super Hero High School ist, aber als Computerspezialistin eine wichtige Aufgabe hat. Leider soll ihr Arbeitsvertrag nicht verlängert werden, und so droht Supergirl ein neuer Verlust, nämlich den ihrer besten Freundin.

Die persönlichen Probleme müssen jedoch zurückgestellt werden, denn jemand scheint die Schule infiltriert zu haben, um an die sogenannten Donnerröhren heranzukommen, einer Teleportationsmaschine, mit der man jeden beliebigen Ort im Universum erreichen kann, die ein gerissener Superschurke mit seinen Handlangern aber auch als Portal nutzen könnte, um auf die Erde zu gelangen. Spuren weisen darauf hin, dass genau das jemand versucht - aber wer?


Nachdem im ersten Band Wonder Woman ihren Platz in der Super Hero High School erfolgreich gefunden hat, ist nun Supergirl an der Reihe, die nicht ganz so naiv, dafür umso tollpatschiger auftritt. Zu gern wird vergessen, dass sie noch nicht lang auf der Erde weilt, in Konsequenz ihre Kräfte Neuland sind und sie deren Beherrschung erst erlernen muss - und dafür ist sie an der Schule.

Natürlich setzt sie sich unter Druck, weil ihr Vieles misslingt, obwohl sie gern mithalten möchte. Sie fürchtet, die Erwartungen nicht erfüllen zu können und für alle eher Ballast als eine Hilfe zu sein. Was sie jedoch am meisten bedrückt, ist die Einsamkeit, die weder die Kents noch ihre Freundinnen wirklich durchdringen können. Supergirl vermisst ihre Eltern schmerzlich und hält die wenigen Andenken - ihr Kostüm, das sie neu stylen sollte, und einen Kettenanhänger - in Ehren.

Die Trauer ist das Kern-Thema, denn sie prägt den Charakter der angehenden Heldin, die höchst verunsichert ist und der es schwerfällt, sich auf der Erde, die ihre neue Heimat sein soll, zurechtzufinden. Obwohl sie ‚super‘ und stärker als Wonder Woman ist, eignet sie sich durch ihren Kummer, die Tollpatschigkeit und Selbstzweifel besser als diese als Identifikationsfigur für Mädchen zwischen 10 und 13 Jahren. Die Zielgruppe kann mit Supergirl traurig sein und sich freuen, wenn doch mal etwas für sie Schönes passiert.

Obwohl die Schule auch von Jungen besucht wird, spielen sie hier keine große Rolle und wirken wie Quoten-Charaktere (Beast Boy, The Flash, Green Lantern), denn es geht um Mädchen-Freundschaften, und da gibt es nicht einmal für Romanzen der Marke clean Raum. Auch die Erwachsenen - Lehrer und Schulpersonal - bleiben meist im Hintergrund.

Anders als im ersten Band gibt es hier jedoch eine richtige Bedrohung. Supergirl wird, wie alle anderen, getäuscht und manipuliert, sodass sie den Angreifern den Weg ebnet, dann aber die Gelegenheit nutzt, um ihre Mitschüler und die Erde zu retten. Dabei hilft ihr der glückliche Zufall beziehungsweise die Autorin Lisa Yee, die dafür sorgen, dass die Waffe, die Supergirl endgültig ausschalten würde, nicht konsequent angewandt wird und schließlich vom Spielfeld verschwindet.

Gleichzeitig wird alles für die Aufnahme einer neuen Schülerin vorbereitet, die im Mittelpunkt eines der beiden für Herbst angekündigten Bücher stehen soll. Das scheint, genau wie das zu rettende Kätzchen, ein wiederkehrendes Motiv zu sein, dass am Ende des Buchs die Bühne frei gemacht wird für die nächste Hauptfigur und dass sich die letzten beziehungsweise ersten Seiten gleichen, dabei nur aus anderen Perspektiven geschildert werden.

„Supergirl auf der Super Hero High“ ist optisch genauso gestaltet wie der Wonder-Woman-Band: Herdcover mit Silberfoliendruck, Vignetten und Seitenrahmen im Innenteil, die Verzierungen und Schrift in Blau (statt dem gängigen Schwarz).

Junge Mädchen, die auf den Superhelden-Geschmack gekommen sind, werden diese jungen Heroinnen, die alles andere als perfekt sind und ähnliche Sorgen - Versagensängste, Mobbing, die Suche nach echten Freunden - kennen, lieben und an ihren kindgerechten Abenteuern viel Spaß haben, auch wenn nicht alles dem Comic-Canon entspricht und viele Protagonisten leider auf ihre Gaben und Waffen reduziert werden, um mehr Platz für die Hauptfigur zu schaffen. Doch die Zielgruppe wird kaum hinterfragen, sondern einfach mit den Heldinnen ins Abenteuer ziehen, sehen, dass sie mit ihren Kümmernissen nicht allein sind - und um nichts anderes geht es.