Robert Jackson Bennett: Die Stadt der tausend Treppen (Buch)

Robert Jackson Bennett
Die Stadt der tausend Treppen
(City of Stairs - The Divine Cities 1)
Übersetzung: Eva Bauche-Eppers
Titelbild: Katarzyna Oleska
Bastei Lübbe, 2017, Taschenbuch, 620 Seiten, 11,00 EUR, ISBN 978-3-404-20861-6 (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Carsten Kuhr

Einst waren sie die mächtigste Macht auf der Welt. Die Rede ist von den Bewohnern des Kontinents. Dank ihrer direkten Verbindung zu den sechs Göttern, deren Wohlwollen sie buchstäblich genossen, schienen sie unbezwingbar. Bis eines Tages ihre Kolonie Saypur rebellierte, ein junger Mann aufstand und eine Waffe fand, mit dem man Götter töten konnte.

Seitdem ist das einst blühende, sonnenverwöhnte Land rund um die Metropole Bulikov verelendet, die Götter sind tot, die einstige Weltmacht verarmt und ohne jegliche Perspektive. Selbst das Klima hat sich gewandelt, kalt und trostlos ist es geworden in und um Bulikov. Jegliche Nennung der alten Namen, religiöse Andachten, das Weitergeben von Überlieferungen sind unter strengster Strafe verboten, die Säkularisation scheint erfolgreich zu sein. Die alltäglichen Wunder, die Schreine in denen ein jeder seinen Segen erbitten und bekommen konnte, sind vernichtet. Doch dann wird ein Forscher, der die Überbleibsel der früheren Religion untersuchen soll, ermordet.

Auftritt Shara Thivani. Sie, Nachfahrin des einstigen Göttermeuchlers, ist die beste Spionin Saypurs. An ihrer Seite hat sie einen der gefürchteten Recken der Dreylande, ihren Mann fürs Grobe. Dass der ermordete Forscher ihr Mentor war, macht die Sache persönlich. Dass sie bei den Nachforschungen auf einen der alten Götterkulte stößt, macht die Ermittlungen höchst brisant. Dass sie erkennen muss, dass einer der Götter überlebt hat, macht die Ermittlungen - existenziell…

 

Was ist das für ein Roman, einmal mehr der Auftakt einer Trilogie, von einem mir bis dato unbekannten Autor? Ist es ein gutes Buch? Ja, auf jeden Fall. Ist es ein spannendes Buch?  Auch hier kann ich nur energisch zustimmen. Ist es ein Buch für Fantasy-Leser? Hmm, nein, nicht wirklich. Eher etwas für Steampunk-Fans, oder Horror-Anhänger? Ein ganz entschiedenes Nein.

„Die Stadt der tausend Treppen“ ist ein Roman, der sich dem Gängigen entzieht. Es ist ein Werk, das man nicht einfach runterlesen kann, ein Buch, auf das man sich einlassen, dem man sich öffnen und über das man nachdenken muss. Es ist eine Lektüre, die bei aller innewohnenden Spannung Zeit braucht, Muße - die aber gut investiert ist. Das hat damit zu tun, dass Bennett ein intelligenter Erzähler ist, der neben, innerhalb und verborgen unterhalb seines Plots so manche Gedanken hat einfließen lassen, die es wert sind, dass man sie einmal Revue passieren lässt.  Es geht ihm, neben dem Unterhaltungswert, eben auch darum, seine Leser ein wenig anzuhalten über Religion, Freiheit, Verantwortung, Gleichberechtigung, Vorurteile und sozialpolitische Zusammenhänge nachzudenken.

Der Unterschied zwischen Arm und Reich, zwischen perspektivlos und zukunftsträchtig, zwischen Ausbeuter und Ausgebeutetem, letztlich zwischen Recht und Unrecht wird, verpackt in einer packenden Detektivgeschichte, angerissen und unauffällig thematisiert.

Das übt, so man sich auf die intelligent aufgezogene Geschichte einlässt, einen unheimlich faszinierenden Lesespaß weit abseits der ausgetretenen Pfade. In der sehr einfühlsamen, angenehm zu lesenden Übersetzung von Eva Bauche-Eppers wartet so ein besonderes Buch auf den Leser, das mich in seinen Bann gezogen hat. Ich bin gespannt, ob der Autor in den beiden Fortsetzungen („Die Stadt der tausend Klingen“ ist für Oktober angekündigt) das Niveau halten kann.