Vernor Vinge: Das Ende des Regenbogens (Buch)

Vernor Vinge
Das Ende des Regenbogens
(Rainbows End, 2007)
Übersetzung: René Ulmer
Titelbild: Martin Frei
Cross Cult, 2016, Taschenbuch, 576 Seiten, 14,00 EUR, ISBN 978-3-95981-144-6 (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Christel Scheja

Der 1944 geborene Mathematiker Vernor Vinge ist ein Urgestein der Science Fiction; er wurde mehrfach für seine Romane ausgezeichnet, aber in seinen Werken ist er immer einer Richtung treu geblieben: Sich unterhaltsam Gedanken über die mögliche Zukunft zu machen, wie sie sich von einem bestimmten Zeitpunkt aus entwickeln mag. Und das stellt er auch in seinem Roman „Das Ende des Regenbogens“ wieder unter Beweis, für den er den Locus Award erhielt.

 

Robert Gu war ein weltberühmter Poet, Autor und Philosoph, der 2005 beinahe an Alzheimer gestorben wäre. Der einzige Weg um ihn zu retten war ganz offensichtlich, ihn auf Eis zu legen. Und nun im Jahr 2025 kehrt er wieder unter die Lebenden zurück, wenn auch verjüngt - er sieht jetzt wieder wie ein Teenager aus und wird auch ein wenig so behandelt.

Aber er hat auch viel zu lernen, denn er erkennt die Welt nicht wieder. Seine heißgeliebten Bücher sind so gut wie von der Bildfläche verschwunden und kaum noch zu finden. Computer wurden durch intelligente Kontaktlinsen ersetzt, mit denen er erst einmal umgehen lernen muss und alles scheint grenzenlos zu sein, denn er kann sich von jedem Ort der Welt aus ins Internet einklinken. Frieden und Wohlstand scheinen für alle erreicht zu sein.

Aber ist dem wirklich so, oder schimmern, als er sich ein wenig wachsamer umsieht, nicht nach und nach immer mehr Schattenseiten dieser schönen neuen Welt durch? Dennoch versucht er mit seinem neuen Leben zurechtzukommen. Dann aber taucht ein Fremder auf, der ihn und neue Bekannte in eine Verschwörung mit hineinzieht, die katastrophale Folgen für alles und alle haben könnte. Und Robert erkennt, dass das, was ihm enthüllt wird ein Angriff gegen den freien Willen ist.


Der Roman von Vernor Vinge hat schon etwas von Cyberpunk und spinnt das weiter, was frühere Autoren auch schon geahnt haben. Der Autor würdigt durchaus die positiven Entwicklungen, die ein perfektes und allgegenwärtiges Internet haben kann, macht aber auch auf die Schattenseiten aufmerksam. Und das packt er alles in eine spannende, wenn auch klassische Handlung.

Wie in anderen Utopien, die in Richtung von „1984“ oder „Schöne neue Welt“ gehen, ist auch hier die Freiheit des Willens ein großes und ernstes Thema. Kann man überhaupt noch frei sein, das Denken überhaupt noch eigene Wege gehen, wenn man sich jederzeit von Eindrücken und Informationen aus dem Netz überfluten lassen kann? Warum sind die Menschen von allem ausgeschlossen, können nicht einmal Geld verdienen, die sich nicht vernetzen lassen wollen?

Dem Leser wird das sehr schön anhand von Robert Gu vor Augen geführt, für den das alles noch ganz neu und unbekannt ist, der sich wie der Mensch der Jetztzeit vor den Entwicklungen gruselt und erst einmal gar nicht damit zurechtkommt, das alles irgendwie beeinflusst und kontrolliert wird, selbst die Geschwindigkeit von Autos.

Die Menschen stehen im Mittelpunkt der Geschichte, nicht die Technik, beschreibt doch der Autor die Wirkung, die diese auf den Helden und seine neuen Freunde beziehungsweise Familienmitglieder hat und spielt dabei mit den Beziehungsgeflechten. Action findet sich eher punktuell, Spannung entsteht mehr durch die Entwicklungen im Hintergrund und der verschiedenen Figuren, die lernen, über ihre Schatten zu springen.

Heraus kommt ein ambitioniertes, leicht zu lesenden Werk, das aber auch zum Nachdenken anregt, denn „Das Ende des Regenbogens“ ist sicherlich eine Zukunft, auf die wir uns in der einen oder anderen Form zu bewegen werden - und in der einen oder anderen Form sogar schon in den Anfängen miterleben. Gerade was den Unterschied zwischen den Generationen angeht, denen, die noch aus analogen Zeiten stammen und diejenigen, die mit der digitalen Technik aufgewachsen sind und all das als ganz normal empfinden.