Uncanny Avengers 1 /Comic)

Gerry Duggan, James Robinson
Uncanny Avengers 1
(Avengers (2015) 0, Uncanny Avengers (2015 II) 1+2, Uncanny Avengers (2015 II) Annual 1, 2015/2016)
Übersetzung: Michael Strittmatter
Titelbild: Ryan Stegman
Zeichnungen: Ryan Stegman, Mark Laming, José Giles u.a.
Panini, 2016, Paperback, 100 Seiten, 12,99 EUR, ISBN 978-3-95798-840-9

Rezension von Irene Salzmann

Der gealterte Steve Rogers hat sein Captain-America-Kostüm einem Jüngeren überlassen, nicht aber die Mitgliedschaft bei den Avengers; im Gegenteil, er hat sogar ein neues Team zusammengestellt, dem Rogue, Quicksilver, Deadpool, Fackel, Spider-Man, Dr. Voodoo und Synapse angehören - Menschen mit besonderen Fähigkeiten, Mutanten und Inhumans. So recht klappt das Zusammenspiel der so verschiedenen Mitglieder noch nicht, und Spider-Man wirft schon nach der ersten Mission das Handtuch, da er sich nicht mit Deadpool anfreunden kann.

Es bleibt dem Team keine Zeit, die internen Probleme in den Griff zu bekommen, denn in Boston tauchen seltsamen Monsterpflanzen und -tiere auf, Menschen erkranken/verwandeln sich oder werden getötet. Als Quicksilver denjenigen findet, der die Menschheit auslöschen will, scheint auch sein sicheres Ende gekommen zu sein.


In der neuen „Uncanny Avengers“-Serie wird das vorherige Konzept weiter verfolgt. Allerdings bilden nicht nur Menschen und Mutanten ein Team, sondern die Inhumans kommen noch dazu. Nachdem die Erde gerettet werden konnte und fast alles wieder so ist wie zuvor, ist eine der wesentlichen Veränderungen, dass durch den Terrigen-Nebel Menschen mit dem Inhuman-Gen besondere Fähigkeiten entwickeln und Mutanten an dem Gas erkranken und sterben.

Diese Problematik, die auch in „X-Men“ 1 (nicht aber in unter anderem „Die neuen X-Men“ 1) thematisiert wird, ist auch hier Bestandteil der Dramatik, denn Rogue reagiert sehr empfindlich auf das Gas und muss Medikamente einnehmen, um am Leben zu bleiben. Die beiden anderen Mutanten scheinen weniger betroffen, zumindest wird nichts Entsprechendes erwähnt, was die Vermutung zulässt, dass Quicksilver durch seine Geschwindigkeit auch seine Zellstruktur manipulieren kann und Deadpools Heilungsfaktor greift.

Ein weiterer Schwerpunkt ist die Skepsis, die einige Team-Mitglieder mit sich tragen. Rogue zum Beispiel. als Team-Leader hat das Gefühl, dass die anderen sich nicht an ihre Anweisungen halten, entweder weil sie eine Frau oder ein Mutant ist oder beides. Auch steht sie Synapse ablehnend gegenüber, die als Inhuman ihre Kraft dem verdankt, was Rogue tötet, und Deadpool, mit dem ob seiner Vergangenheit und seines Verhaltens praktisch jeder Schwierigkeiten hat.

Gerade dass jene mit Deadpool nicht zusammenarbeiten wollen, die selber lange Außenseiter waren und wissen, wie hart es ist, bis man sich das Vertrauen anderer verdient hat, überrascht: Rogue als Zögling vom Mystique und Mitglied der Bruderschaft der bösen Mutanten wurde von den X-Men anfangs großes Mistrauen entgegengebracht. Spider-Man wurde durch Presse-Kampagnen diffamiert und von den Avengers ausgegrenzt, weil er seine Identität nicht offenbaren wollte. Nicht grundlos erinnert Steve Rogers in diesem Zusammenhang an Wolverine, der einen besonders schweren Stand hatte.

Auch wenn das Team neu ist, einige Mitglieder wenig bekannt sind und die laufende Handlung durch einen Cliffhanger abgebrochen wird - offenbar bekommt die Gruppe Unterstützung von einem wohlbekannten Zeitreisenden -, ahnt man, dass die Serie durch die Konflikte eine Menge Potential entfalten kann. Hinzu kommt, dass Deadpool nicht annähernd so albern auftritt, wie in den meisten seiner Solo-Serien, doch man vermisst seine Sprüche schon etwas, vor allem da Spider-Man später nicht mehr dabei ist, der offenbar als Sprücheklopfer Nr. 2 als zu viel des Guten empfunden wurde.

Das Annual hat mit den geschilderten Ereignissen wenig zu tun. Stattdessen verbindet es die Vergangenheit mit der Gegenwart und soll wohl als Prequel für einen neuen Handlungsstrang verstanden werden, der nicht notwendigerweise in „Uncanny Avengers“ weitergeführt wird.

Die Illustrationen sind recht gefällig, auch wenn Ryan Stegman dazu neigt, die Figuren zu überzeichnen und sie Grimassen schneiden zu lassen. Mark Laming arbeitet etwas glatter und comichafter.

„Uncanny Avengers“ wartet mit einem neuen Team auf, bestehend aus bekannten und weniger bekannten Charakteren, die sich zusammenraufen müssen. Die innerhalb der Gruppe schwelenden Probleme können sich interessant auf die spannende Handlung auswirken. Die Zeichnungen sind zwar keine Highlights, gehen aber in Ordnung. Die Heftnummer 1 bietet den Lesern an, von Anfang an dabei zu sein, ohne dass große Vorkenntnisse erforderlich sind. Einen Test ist die Serie bestimmt wert.