Interviews

Im Gespräch mit: Christian Humberg

Mit "Gotham Noir" startet dieser Tage im Rohde Verlag eine eOnly-Serie aus der Feder von Christian Humberg mit Mystery- und Crime-Elementen. Humberg wurde 1976 in Gerolstein geboren und ist neben seiner Tätigkeit als Autor für Serien wie "Perry Rhodan NEO" und "Professor Zamorra" auch als Übersetzer und Sachbuchautor tätig. Weiters war er für die "SpaceView" und andere Magazine tätig und als Lektor betreute er etwa die "Elfenzeit"-Romanserie aus der "Perry Rhodan"-Redaktion. Mit dem Autor Bernd Perplies schuf er die erfolgreiche Jugendbuchreihe "Drachengasse 13", die bei SchneiderBuch erscheint und die es unter anderem auch als Stück auf die Theaterbühne schaffte. Olaf J. Menke sprach mit dem Autor über die jetzt startende neue Serie "Gotham Noir" und weitere aktuelle Projekte.

Hallo Christian. Zum Einstieg erstmal die Frage: Wo und wann hast Du zuerst veröffentlicht und was war es?

Hallo Olaf. Meine ersten professionellen Publikationen waren Artikel in Zeitschriften und Tageszeitungen, später noch Beiträge beim Radio. Ich bin gelernter Journalist und arbeite bereits seit Mitte der 90er Jahre – anfangs noch nebenberuflich – in dieser Branche. Der Schriftsteller, Lektor und Übersetzer kam erst später dazu.

Bisher hast du ja überwiegend in "vorgegebenen Universen" geschrieben, bei "Drachengasse 13" mit einem Kollegen. Ist "Gotham Noir" Dein erstes vollständig eigenes Projekt?

Nein – vor allem nicht, wenn man auch Sachbücher einbezieht. Meine ersten eigenen Bücher waren Fan- und Sachtitel für den Heel Verlag, Werke zu TV-Serien, Teenager-Bands und so weiter; überwiegend Auftragsarbeiten, mit denen der Verlag an mich herangetreten war und mit denen ich mich jahrelang für ihn und die Leser verdingen durfte. Der Schriftsteller in mir wurde dann im Jahr 2008 von der Außenwelt "entdeckt", als Bastei mir anbot, unter Pseudonym in die Romanserie "Professor Zamorra" einzusteigen. Die Entscheider kannten mich bereits als zuverlässigen und termintreuen Sachbuchschreiber anderer Verlage und wagten es, mich auf ihre Belletristik loszulassen. Passenderweise ist Susanne Picard, die schon damals "Professor Zamorra" betreute und mir diese Chance gab, heute die Lektorin von "Gotham Noir", und Markus Rohde, der mich ihr damals empfahl, Verleger der Serie. Da schließt sich durchaus der ein oder andere Kreis, finde ich. "Drachengasse 13" ist übrigens kein vorgegebenes Universum. Das Konzept, die Idee und die Texte zu dieser Reihe, die ja in inzwischen vier Bänden bei SchneiderBuch vorliegt, stammen komplett von meinem Co-Autor Bernd Perplies und mir.

Wenn ja, wie lebt es sich mit der Verantwortung – macht Dir das ganze auch ein wenig Angst?

Die Angst haben hoffentlich die Leser – im Sinne von angenehmem Grusel bei der Lektüre, versteht sich. Aber: Nein, "Gotham Noir" bereitet mir als dem alleinigem Autor keinerlei schlaflose Nächte. Warum sollte es? Angst bekommt höchstens der Verlag, falls ich mal mit einem Manuskript in Verzug gerate… Ich habe sehr viel Freude mit dem Projekt und der Arbeit an den einzelnen Romanen.

Worum geht es eigentlich in Deiner neuen Serie "Gotham Noir"?

"Gotham Noir" ist ein Mystery-Thriller in romanlangen Episoden. Als ich die Reihe dem Verleger vorschlug, beschrieb ich sie als Mischung aus "Akte X", "CSI: New York" und "Das Modell und der Schnüffler". Ich glaube, das trifft es echt ganz gut. Die junge New Yorker Polizistin Sarah Dolan landet im "Revier 666" – der Sammelstelle für alle Fälle, die ihren Kollegen vom NYPD lächerlich erscheinen. Während sie widerwillig angebliche Elvis-Sichtungen bearbeitet und sich wirre Phantasten die Klinke ihrer Bürotür in die Hand geben, stößt die ehrgeizige Sarah auf eine Verschwörung, die die Grenzen der Wirklichkeit zu sprengen droht. Und mit einem Mal scheint tatsächlich Unheimliches im Big Apple zu geschehen! Unterstützt von Flynn Elliot, einem geheimnisvollen (und viel zu attraktiven) Privatdetektiv, kämpft Sarah fortan gegen normale und paranormale Verbrechen – und um den eigenen Verstand.

Wo liegt die Inspiration für die Serie? Welche Vorbilder gibt es, wo weichst Du ab und aus welchen Gründen?

Woher holt man als Autor seine Inspiration? Von überall, glaube ich. Konkreter kann ich das echt nicht sagen. "Gotham Noir" spiegelt nichts, was ich kenne, 1:1. Die Serie ist natürlich ihr ganz eigenes Ding, und genauso will ich sie haben. Sie ist spannende, temporeiche Mystery, wie ich sie jetzt und heute erzählen möchte und wie der Verlag und ich finden, dass sie zum Medium eBook passt.

Welches sind Ideen, die auf Deinem eigenen "Mist" gewachsen sind, die Du als "Alleinstellungsmerkmal" für Deine Serie reklamieren würdest?

Ich hoffe doch mal, alle. Diese Frage muss jeder Leser vermutlich für sich entscheiden, denn wir haben alle unterschiedliche Erfahrungen und "Vorkenntnisse". Vielleicht gibt es ja tatsächlich Vorbilder für "Gotham Noir" – einzelne Elemente einer Handlungswendung oder einer Figur, die ich irgendwann mal anderswo aufgeschnappt und gemocht habe, die mir seit Jahren und Jahrzehnten im Kopf herumgehen und die ich nun in "Gotham Noir" nach meinem ganz eigenen Geschmack und passend zu meiner ganz eigenen Geschichte zu adaptieren versuche. Möglich. Aber über so etwas denke ich nicht nach. Ich schreibe die Romane, die ich gerne lesen würde, weiter nichts. Ich entwickle meine eigenen Ideen. Und ich freue mich, wenn sie auch anderen gefallen.

Wer sind die Hauptfiguren und welche besonderen Eigenschaften zeichnen sie aus?

Die Hauptfiguren sind ganz klar Sarah Dolan, 27jähriger Sergeant beim New York Police Department und jüngster Spross einer altehrwürdigen Polizistenfamilie, und Flynn Elliot, ein Privatdetektiv mit Hang zum Okkulten, mit großen Geheimnissen und einem gefährlichen Schlafzimmerblick. Darüberhinaus lernen wir in den sechs Romanen der ersten Staffel aber noch einige illustre Nebenfiguren kennen. New York City ist groß, wie ich aus eigener Erfahrung bezeugen kann, und in ihm finden sich viele, viele interessante Personen.

Gibt es eine Art Boss-Gegner oder wird es einzelne Gegner geben, die pro Episode erledigt werden?

Erledigt wird schon mal niemand; das klingt so wegwerfend, finde ich. Bei "Gotham Noir" zeichne ich, hoffe ich, runde Charaktere – und die verdienen auch runde Auf- und Abtritte, seien sie nun Helden oder Antagonisten. Über den oder die Gegner der ersten Staffel möchte ich noch nichts verraten, entschuldige bitte. Ich kann allerdings versprechen, dass die einzelnen Romane in sich abgeschlossen und gleichzeitig fortlaufend sein werden – jeder erzählt ein kleines, halbwegs eigenständiges Abenteuer und gleichzeitig das Staffel-Abenteuer weiter. Und am Ende von Staffel 1 steht auch ein klarer Abschluss, nach dem es weiter gehen kann, aber nicht unbedingt muss. Da haben dann auch die Verkaufszahlen ein Wörtchen mitzureden.

Sollte sich "Gotham Noir" als Erfolg herausstellen – hast Du bereits Ideen für eine Fortsetzung und in welche Richtung würde es gehen?

Oh ja, sogar sehr konkrete. Allerdings sind Fortsetzungen noch reine Zukunftsmusik, und über die spreche ich ungern. Angelegt ist die Serie jedenfalls auf deutlich mehr Bände als die sechs, die der Rohde Verlag und ich jetzt einmal am Markt ausprobieren und die überall im Buchhandel erhältlich sind. Ich habe mir allerdings bewusst die Möglichkeit in die Handlung eingebaut, die Geschichte mit Band 6 zu einem, wie ich finde, zufriedenstellenden Abschluss zu bringen. Bei etwaigen späteren Staffeln würde ich ganz ähnlich verfahren. Es braucht kein Leser zu befürchten, "Gotham Noir" ließe ihn ohne vernünftiges Ende hängen!

Es soll ja immer noch Leute ohne Reader geben – wird für die irgendwann einmal eine gedruckte Fassung erscheinen?

Auch das ist im Gespräch – zum Beispiel als Taschenbuch-Sammelband mit exklusivem Bonusmaterial. Aber hier haben wir es wieder mit reiner Zukunftsmusik zu tun. Entscheidend für eine Fortführung, für Buchausgaben und so weiter ist erst einmal der Erfolg im eBook. Und ob sich der einstellt, wird sich zeigen. Das entscheiden die Leser. "Gotham Noir" ist in der Hinsicht auch für mich ein Experiment. Der Verlag und ich gehen es sehr bewusst und offenen Auges an, und wir sind gespannt auf das Ergebnis.

Du schreibst unter einem Pseudonym schon länger für "Professor Zamorra". Gibt es zwischen dieser Serie und "Gotham Noir" Verbindungen? Oder andersherum: Was unterscheidet die Arbeit an diesen Serien?

Es gibt keine Verbindungen. Das wäre schon allein rechtlich nicht möglich, aber ich möchte es auch nicht. Bei "Professor Zamorra", wo ich als Simon Borner schreibe, erzähle ich anders als bei "Gotham Noir", richte mich nach einer umfangreichen und traditionsreichen Serienmythologie. Bei "Gotham Noir" baue ich mir die Mythologie komplett selbst, bin also ein gutes Stück freier in meiner Kreativität. Ich mag die Arbeit an beiden Projekten – auch gerade wegen der Unterschiede.

Übrigens: Was erwartet die "Zamorra"-Fans demnächst aus Deiner Feder?

Anfang Oktober erscheint Simon Borners jüngster Roman im Rahmen der Heftserie. Er trägt die Reihennummer 1027 und den Titel "Der Schatten der Welt". Ich hatte große Freude beim Verfassen des Manuskripts und finde auch das Titelbild sehr atmosphärisch. Sollten PZ-Fans hier mitlesen und mir bei meinen Lesungen und anderen Auftritten in diesem Herbst begegnen – ich bin nicht zuletzt für "Gotham Noir" bald auf einigen Cons und Messen unterwegs – dann lasst mich doch wissen, wie er euch gefallen hat.

Seit Neuestem bist du ja sogar in das Universum des Erben des Universums, Perry Rhodan, vorgestoßen. Dort in die Reboot-Serie "NEO". Gibt es dort demnächst auch wieder was von Dir zu lesen?

Gut möglich. Ich mag Perry und bin schon ein wenig stolz auf meine bisherigen Beiträge, insbesondere auf die zwei "NEO"-Romane, von denen ich es mit "Flucht ins Dunkel" ja sogar auf die Bestsellerliste geschafft habe. Ausschließen würde und werde ich einen dritten Band (und weitere) absolut nicht, das ist in erster Linie eine Terminfrage. Meine Raumschifftür steht dem Erben des Universums jedenfalls weit offen.

Würde Dich ein Roman in der Erstauflage reizen?

Unbedingt. Welcher deutsche Phantastik-Autor würde dazu schon Nein sagen?

Mal ehrlich: "Perry Rhodan" ist doch bestimmt recht anspruchsvoll zu schreiben – waren die Taschenhefte recht aufwendig in der Recherche?

Jedes Projekt erfordert Recherche. Das ist ganz normal. Bevor ich den ersten Satz ins Manuskript schreiben kann, befasse ich mich schon tage-, wochen-, mitunter monatelang mit dem Thema, den Figuren und den Hintergründen. Die Art der Vorbereitung kann sich von Fall zu Fall unterscheiden, aber die Tatsache selbst ist eine Konstante. Auch in "Kollateralschaden" und die anderen (bisher fünf) Bände von "Gotham Noir" floss ganz schön viel Entwicklungszeit, dies- und jenseits des Atlantiks. Das muss auch so sein.

Mit "Drachengasse 13" schreibst Du mit einem Kollegen eine Kinderbuchserie – wie kamst Du ausgerechnet zu diesem interessanten Job?

Bernd Perplies und ich schrieben 2008 zusammen "Das schleichende Grauen", ein Buch aus Wolfgang Hohlbeins erfolgreicher "Hexer"-Serie, das dann bei Pegasus Spiele erschien, wo zu der Zeit das Rollenspiel zum "Hexer" einige Wellen schlug. Bei der Arbeit am "Grauen" merkten Bernd und ich, dass wir – neben all den Zeitschriftenartikeln und -kolumnen, die wir bereits gemeinsam stemmten – auch gern weiter zusammen Belletristik schreiben würden. Also entwickelten wir das Konzept einer Kinderbuchserie: "Drachengasse 13". Unsere Literaturagentur stellte die Idee einigen ausgewählten Verlagen vor, und dann wurden wir uns mit SchneiderBuch einig.

Wie geht es in der Serie weiter? Was ist dort als Nächstes geplant?

Bernd und ich sind immer wieder in Sachen "Drachengasse" aktiv. Wir lesen bundesweit an Schulen, in Bibliotheken und überall sonst, wo man uns bucht. Wir sprechen auch über weitere Bände – allerdings fehlt uns momentan aufgrund vieler anderer Projekte die Zeit, uns mit der nötigen Muße und Sorgfalt an die Manuskripterstellung zu machen. Aufgeschoben ist allerdings nicht aufgehoben, und bis dahin bieten die vier bereits erschienenen Romane ja auch schon viel Lesespaß. Und dann gibt es da ja die Theateradaptionen…

Richtig, es gibt dazu demnächst ein Theaterstück, richtig? Wie kam es dazu und wer spielt dort mit? Hat man Dir auch eine Rolle angeboten? (;

Ja, sogar schon das zweite. Die Junge Bühne Mainz ist ein unabhängiges Theaterensemble, mit dessen Mitgliedern und Entscheidern wir seit Jahren befreundet sind. Als die ersten D13-Bücher bei SchneiderBuch erschienen, sprach Philip Barth, der Bühnenleiter, uns an und fragte, ob er sie für die Bühne adaptieren könne. Bernd und ich waren sofort begeistert und gaben unser Einverständnis. Es war Philips Idee, auch uns zwei Autoren in die Bühnenhandlung zu integrieren. Wir sind gewissermaßen die Erzähler, deren Schöpfung um sie herum lebendig wird, die Abenteuer erlebt, die man in den Büchern nachlesen kann – und uns ordentlich Widerworte gibt, wenn ihr mal etwas nicht passt! Im November 2011 hatte "Drachengasse 13" Theaterpremiere – vor vollem Haus und mit sehr guten Kritiken. Da inzwischen zwei weitere Bücher innerhalb der Reihe erschienen, kam das Ensemble abermals auf uns zu, und wir entwickelten gemeinsam ein ganz neues Programm, das diese zwei Titel berücksichtigt. Die Premiere von "Drachengasse 13 – Vol. 2" findet am 1. Oktober im Rahmen des 21. Mainzer Kindertheaterfestivals statt und ist bereits seit Tagen ausverkauft, was uns alle sehr begeistert. Kurzentschlossene finden allerdings noch ein paar Restkarten an der Tageskasse. Personell sind wir wieder exakt so aufgestellt wie in "Vol. 1". Wir haben Carola Schnell aus der beliebten TV-Serie "Hotel 13" als Hanissa, Constantin Heller als Tomrin, Tom Gramenz als Sando, Philip Barth als Gump – und Bernd Perplies und mich als Erzähler des Ganzen. Wir stecken hier alle gerade mitten in den Proben und haben bereits sehr viel Freude mit dem Stoff.

Würde es ein Theaterstück zu "Gotham Noir" geben, welche Darsteller würden die Helden verkörpern?

Oha. Solche Entscheidungen überlasse ich lieber den Leuten, die sich damit auskennen. Ich hätte jedenfalls absolut nichts dagegen, auch "Gotham Noir" in dieser Form (oder anderen) adaptiert zu sehen. Theaterintendanten, Hörspielautoren, Comiczeichner und Agenten aus Hollywood dürfen sich diesbezüglich sehr gern beim Verlag melden.

Gibt es noch weitere Projekte, auf die sich Fans von Christian Humberg freuen dürfen?

mmer. Nun, da meine Zeit mit "Gotham Noir" sich (erst einmal?) ihrem Ende nähert, widme ich wieder verstärkt meinen Übersetzungen, etwa für Cross Cults "Star Trek"-Romanserien. Darüberhinaus betreue ich "Beyond", die schon eine Woche nach "Gotham Noir" bei Rohde startende Cyberpunk-Serie meiner Kollegin Andrea Bottlinger, als Lektor mit, was mir großen Spaß bereitet. Ich bin bald wieder auf Lesereise. Ich leite (mit Andrea) neue Schreibseminare. Und ich arbeite an neuen Büchern! Über die will ich noch nicht viel verraten, aber wer mag, kann sich für 2014 schon auf ein paar, wie ich finde, schöne Überraschungen einstellen. Die neuesten Informationen und Lesungstermine findet man übrigens immer auf meiner Website.

Vielen Dank für das Interview!

Ich danke für das Interesse, Olaf. Und ich hoffe, Deinen Lesern und Dir gefällt "Gotham Noir".