ARS LITTERAE 7 : Der Engelseher, Laura Flöter (Buch)

ARS LITTERAE 7
Der Engelseher
Laura Flöter
Titelbild und Innenillustrationen von Crossvalley Smith
Fabylon, 2012, Paperback, 196 Seiten, 14,90 EUR, ISBN 978-3-39270-71-51-3

Von Carsten Kuhr

Jeásh hat genug vom Leben. Er sieht keinen Sinn in seiner Existenz, ist innerlich wie tot, will nicht länger leiden. Der einzige Ausweg der ihm bleibt ist der Sprung in den Tod. Einmal hat er es bereits versucht. Es hat wehgetan, sehr weh, als er im Krankenhaus wieder zu sich kam. Knochenbrüche, die gutgemeinten Versuche ihn zu therapieren, konnten ihm nicht helfen. So driftet er wieder auf den Punkt zu, an dem er erneut versuchen wird, seinem Dasein zu entfliehen, vielleicht in eine bessere, sinnvollere Welt aufzugehen.

Doch was sind das für seltsame, sphärische Wesen, die er und nur er seit seinem Suizidversuch an seiner Seite zu sehen glaubt? Erst in der Zelle einer psychiatrischen Anstalt kann er das Rätsel lösen. Jedem Menschen werden bei seiner Taufe zwei Engel zur Seite gestellt. Ein weißer Engel, der ihn auf den rechten Weg führen soll und ein dunkler Engel, der ebendies verhindern soll. Da sein dunkler Verführer im Geiste ihn mehr und mehr in Versuchung bringt, opfert der helle Engel Malach einen Teil seiner Selbst um für Jeásh eine neue Chance zu gewähren – eine Chance, die dieser weder will noch nutzt.

Während Malach sich von seinem Schutzbefohlenen abwendet, beginnt sein dunkler Bruder Ezariel sich für den Menschen zu erwärmen. Als deutlich wird, dass Jeásh ihn nicht nur sehen kann, sondern sich ihm auch vertraut und annähert, sieht sich der Engel einem Gewissenskonflikt ausgesetzt, mit dem er nie gerechnet hat; denn die Liebe zwischen Mensch und Engel ist verboten…

Laura Flöter präsentiert uns eine Liebesgeschichte der anderen Art. Das hat mit den sonst so angesagten Romance-Fantasy-Romanen nichts zu tun, hier wird weder der fleischlichen Lust noch sexueller Perversionen gefrönt, hier geht es um glaubwürdig gezeichnete Gefühle. In einer sehr poetischen, adjektivlastigen Sprache berichtet sie uns einfühlsam nicht nur von der tristen, depressiven Gefühlswelt ihres Menschen, sondern auch von der Verunsicherung ihrer Engel. Beide sind mit ihrer Aufgabe überfordert, zweifeln an sich, an ihrer Mission und trauen ihren Gefühlen nicht.

Verzweiflung, Schmerz spielen eine große Rolle in diesem kurzen Roman. Daneben geht es darum, zu sich selbst zu finden, sich anzunehmen und den inneren Frieden zu finden. Das ist nichts für Fans der actionreichen Phantastik, das pflegt die leisen Töne, wobei ich mir gewünscht hätte, dass die Autorin mehr Platz für die Darstellung ihrer Welt gefunden hätte.

Insgesamt ein schöner, poetischer Roman für Fans von etwas gehaltvolleren Engelsromanen.