Mark Andreyko (Hrsg.): Love is Love (Comic)

Mark Andreyko (Hrsg.)
Love is Love - Eine Comic-Anthologie für Respekt, Akzeptanz und Gleichberechtigung
(Love is Love, 2017)
Übersetzung: Claudia Kern
Panini, 2017, Paperback, 152 Seiten, 16,99 EUR, ISBN 978-3-7416-0525-3

Rezension von Christel Scheja

Am 12. Juni 2016, drang ein unbekannter in das „Pulse“, einen von Schwulen und Lesben frequentierten Nachtclub ein und erschoss 49 Menschen. Nicht nur die LGBT-Community versank in Schockstarre, auch die Welt drumherum. Künstler fanden ihren ganz eigenen Weg damit umzugehen und das Geschehen aufzuarbeiten. Das Ergebnis erschien als Anthologie, von der ein bestimmter Betrag an entsprechende Organisationen und die Hinterbliebenen gespendet wird.

Geschichten und Illustrationen, kurze Texte und Gedichte von nicht mehr als zwei Seiten Länge bestimmen den Band. Und jeder Künstler, jeder Autor hat eine andere Herangehensweise, um mit der Sache fertigzuwerden, was jeden Betrag unverwechselbar macht.

Einmal sind es ganz normale Menschen, die auf die Nachricht reagieren, und dann darüber sprechen - Väter mit ihren Töchter, die ganz bei den Ermordeten sind, dann wieder übernehmen es Superhelden, sich an den Tatort zu begeben und alles hautnah anzusehen. Denn hier war kein Superschurke am Werk, kein außerirdisches Wesen. Andere Arbeiten beziehen sich nicht direkt auf den Massenmord, sondern sind einfach allgemeiner gehalten. Da wird Kindern erklärt, dass die gleichgeschlechtliche Liebe auch nicht anders ist als die zwischen Mann und Frau, oder holen Erwachsene durch ihre unbeeinflusste Meinung von der Einstellung herunter, die zu solchen Taten führen.

Superhelden, die bereits offen homosexuell dargestellt wurden kommen zu Wort, genauso wie diejenigen Comicfiguren, denen man es immer unterstellt hat.

Und dann sind da auch vereinzelt die Erfahrungsberichte von heterosexuellen Künstlern, die genau dort die Wärme und Menschlichkeit, den Respekt und die Freundschaft gefunden haben, wo gerade die Außenseiter der Gesellschaft das Vorleben, was der Rest nur vorgibt zu sein

Die LGBT-Community zeigt mit der Anthologie, die nicht nur von homosexuellen Künstlern stammt, ganz deutlich eines: Jetzt lassen wir uns erst recht nicht unterkriegen. Liebe ist Liebe, egal was diejenigen anstellen, die Intoleranz, Rassismus und Hass leben.


Die Botschaft ist simpel und klingt einfach, aber sie gehört zu denen, die Menschen nur schwer verstehen und akzeptieren wollen. Auch mit der Toleranz ist es in weiten Teilen der Welt nicht gerade gut gestellt. Und Auswüchse, wie das Attentat auf das „Pulse“ im Jahr 2016 sind nur die Spitze des Eisberges, die Ausbrüche der Gewalt, die auch in kleinerem Maße gerne schon einmal ausbricht. Und sei es, dass Menschen aufgrund ihrer sexuellen Ausrichtung ihren Job verlieren oder von den Kollegen gemobbt werden, ob man sie auf der Straße einfach beim kleinsten Anlass zusammenschlägt, aus der Familie verstößt oder sonstwie ausgrenzt. Hier wird kein Zeigefinger mahnend erhoben, sondern es werden persönliche Gedanken und Gefühle ausgedrückt nicht mehr und nicht weniger.

Die Künstler begehen bewusst nicht den Fehler, den Täter als Monster darzustellen und ein Feindbild zu schaffen. Sie tun das einzig Richtige: Er bleibt gesichts- und namenlos, einer von vielen, die ähnlich denken und reden aber vielleicht noch nicht die Waffe zur Hand genommen haben. Er ist Sinnbild des Hasses und der Abscheu, den viele offen zeigen, die Intoleranz und den Rassismus von Medien und Politik.

„Liebe ist Liebe“ bleibt die Grundaussage jedes Textes. Egal wie und in welcher Form. Jeder Mensch hat das Recht seinen Gefühlen zu folgen, und wenn es bedeutet, das Geschlecht zu wechseln oder den zu lieben, den man möchte.

Den Beiträgen ist die Trauer anzumerken, aber diese wird nicht in sich hineingefressen, sondern in etwas anderes umgewandelt: „Wir zeigen Flagge“, wie die Heldin auf dem Titelbild. Die Ikonen der amerikanischen Pop-Kultur sprechen für und mit uns, weil sie das Recht dazu haben. Und sie machen denen Mut, die im Kleinen tolerant und respektvoll denken. Angefangen mit den Kindern.

Das alles macht die Anthologie zu einer faszinierenden und vor allem anrührenden Sammlung, die viele unterschiedliche Sichtweisen bietet - keine aber so, dass sie Andersdenkende verletzt. Das unterscheidet die LGBT-Community wohl von denen, die über sie her ziehen.

„Love is Love“ ist ein mehr als beeindruckendes Statement zum Anschlag in Orlando und wird seinem Titel mehr als gerecht, denn die Sammlung macht nachdenklich und rührt an, schafft es auch ohne erhobenen Zeigefinger Verständnis und Respekt für all die zu fordern, die sich dazu entschieden haben, in der Liebe oder dem Geschlecht einen anderen Weg zu gehen als man von ihnen fordert. Und zwar genauso wie es der Titel verspricht, nämlich mit Respekt, Akzeptanz und Gleichberechtigung.