Aliette de Bodard: Das Haus der gebrochenen Schwingen (Buch)

Aliette de Bodard
Das Haus der gebrochenen Schwingen
(The House of Shattered Wings)
Übersetzung: Simon Weinert
Knaur, 2017, Paperback, 476 Seiten, 14,99 EUR, ISBN 978-3-426-51986-8 (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Carsten Kuhr

Sechzig Jahre ist es her, dass die Welt, wie sie einmal war, in Trümmer fiel. Die europäischen Metropolen liegen seitdem darnieder, die zerstörten Gebäude wurden bis heute nicht wieder aufgebaut. Willkommen in Paris, der einstigen Stadt der Liebe, des Savoir-vivre und der Kunst. Mittlerweile geht es nur mehr darum, zu überleben. Immer wieder fallen Engel, der meisten ihrer Kräfte beraubt, vom Himmel, die Banden sind schnell zu Stelle, Blut, Haut und Knochen in denen die Engelsmagie ruht, aufzusammeln.

Zu Beginn lernen wir denn auch unsere Hauptpersonen kennen; Philippe, dereinst vor seiner Verbannung zauberkräftiger Angehöriger des Haushalts des Jadekaisers, Isabelle, ein just gefallener Engel und die Alchemistin Madelaine, die der süchtig machenden Engels-Essenz hilflos verfallen ist.

Sie alle treffen im Haus Silberspitzen zusammen, das nach wie vor bedeutendste Haus von Paris, einst Stammsitz von Lucifer Morningstar, der in Notre Dame hofhielt. Seit seinem Verschwinden aber verringert sich die Bedeutung des Hauses, werden Konkurrenten immer mächtiger. Als ein tödlicher Fluch die Angehörigen des Hauses Silberspitzen heimsucht, als gefallene Engel tot aufgefunden werden, scheint der Niedergang unausweichlich - einzig Philippe, Isabelle und Madelaine könnten das drohende Unheil aufhalten…

 

Vorliegender Roman wurde mit dem British Fantasy Award ausgezeichnet. Eigentlich, so sollte man meinen, ein Pageturner und so machte ich mich mit entsprechenden Erwartungen an die Lektüre. Und wirklich, das Setting, ein in Trümmern liegendes, dekadentes Paris, gefallene Engel, unsterbliche Magier, süchtige Alchemisten - das hat durchaus seinen Reiz. Allerdings, und dies ist ein großes ABER, ein richtiger Lesefluss wollte einfach nicht aufkommen.

So inspirierend das in Trümmern liegende Paris mit seinen Banden auch ist, folgen wir unseren Erzählern doch nicht wirklich gerne und schon gar nicht fasziniert ins Abenteuer. Nie wurde ich mit den Charakteren warm, nie konnte ich mich wirklich in eine der Figuren hineinversetzen. Das hatte zur Folge, dass es auch keine große Figurenentwicklung gab. Zwar streut die in Paris lebende Autorin immer wieder Geheimnisse und auch gefährliche Situationen in ihren Plot ein, allein, es fehlt an einer wirklich stringenten, mitreißenden Handlung.

Stattdessen verwöhnt sie uns mit langatmigen Dialogen, zu vielen Selbstreflektionen der Figuren und einer Sprache die sehr poetisch angelegt ist. Die Zusammenhänge erschließen sich dem Leser eher zögerlich und oft auch zu spät, um wirklich Spannung aufkommen zu lassen. Es ist sicherlich in Ordnung, wenn der Autor seine Leser zum Mitdenken anregen will, doch vorliegend bleibt zu viel diffus. Letztlich leider auch stilistisch - für mich zumindest. Und so blieb ich ein wenig enttäuscht zurück, gerade wegen der vielen Vorschusslorbeeren des Romans.